22. Tag (25. August 2019): Mit dem Zug zurück nach Leipzig

Ich hatte bereits gestern versucht, eine Fahrkarte von Stettin nach Leipzig zu bekommen. Allerdings überraschenderweise ohne Erfolg. Dass es nicht einfach werden würde, ahnte ich schon, weil Fahrradkarten über die Bahn-App nicht zu bekommen sind. So versuchte ich es gleich über das Privatkundenportal bahn.de. Aber auch hier war ich nicht erfolgreich. Von Stettin nach Leipzig waren keine Fahrpreisauskünfte möglich und folglich konnte ich hier auch keine Fahrkarte buchen. Etwas kopfschüttelnd wanderte ich dann noch einmal zum Stettiner Hauptbahnhof und stellte mich am dem Schalter an, der grenzüberschreitende Fahrkarten verkaufen sollte. Die Schalterbeamtin machte ein recht mürrisches Gesicht und meine Frage, ob sie englisch oder deutsch spreche verneinte sie. Glücklicherweise hatte ich schon in meiner Übersetzungs-App mein Begehr ins Polnische übersetzen lassen. Aber sie schaute den Text nur lustlos an und schüttelte den Kopf, was ich dahin verstand, dass sie mir keine Fahrkarte ausstellen könne, weil sie ebenfalls den Preis nicht kenne.

Etwas ratlos wanderte ich zurück in meine Unterkunft. Sowohl von Paris aus war und von Warschau wäre der online-Kauf einer Fahrkarte ohne weiteres möglich gewesen. Allerdings nur mit Fernzügen und von Stettin nach Berlin und Leipzig fahren keine Fernzüge. Ich konnte mir das eigentlich nur so erklären, dass es für Fernzüge kein Problem ist, aber für Regionalzüge offensichtlich Probleme aufwirft, vielleicht weil die unterschiedlichen Regionaltarife nicht international ausgetauscht werden. Es bleibt halt ein schwieriger Prozess des Zusammenwachsens in Europa.

Um sicher zu gehen fuhr ich heute nach dem wieder sehr bescheidenen Frühstück mit dem Fahrrad zum 16 Kilometer entfernten ersten deutschen Bahnhof in Grambow. Von hieraus könnte ich dann sowohl über meine Bahn-App als auch am Automaten eine Fahrkarte ordern. Die Fahrt mit dem Fahrrad war übrigens sehr schön und führte durch für mich noch unbekannte Straßen der Stettiner Neustadt und der Vorstädte. Die Temperaturen waren jetzt am Morgen noch angenehm. Sehenswert ist das wohl 1890 fertiggestellte private Elektrizitätswerk, das heute die Fakultät Elektrotechnik der Westpommerschen Technischen Universität Stettin beherbergt. Originell ist schließlich meine Grenzüberquerung. Es geht über einen Feldweg!

In Grambow am Bahnhof fühlt man sich dann etwas am Ende der Welt. Es gibt auch keinen Fahrkartenautomaten. Ich beschloss dann, die Fahrkarte im Zug zu kaufen. Der Regionalexpress von Stettin nach Lübeck kam pünktlich, war aber schon recht voll und auch mit meinem Fahrrad konnte ich dann nur im Ein- und Ausstiegsbereich verweilen. Ich hatte es aber erst einmal nicht weit, weil ich in Pasewalk umsteigen musste. Warum ich keine Fahrkarte online erwerben konnte, konnte mir der Schaffner auch nicht erklären. Dafür stellte er mir aber die Fahrkarten ohne Probleme aus.

Von Pasewalk ging es dann mit einem Regionalexpress über Berlin nach Falkenberg an der Elster. Der Zug kam von Stralsund und war schon brechend voll. Mit mir standen aber auf dem Bahnsteig noch etwa zwanzig Personen mit Fahrrädern. Ich hatte Gott sei Dank bei der Einfahrt des Zuges gemerkt, dass wohl nur noch im vorderen Bereich des Zuges etwas Platz war. So sprintete ich nach vorne, bekam zwar keinen Stellplatz, aber kam in den Zug noch hinein und wer drinnen ist, wird in der Regel nicht mehr rausgeschmissen. Es schaffte sogar noch zwei weitere Fahrgäste mit ihren Fahrrädern hier in den Wagen reinzukommen. Wie viele Fahrräder mit ihren Fahrern in Pasewalk zurückbleiben mussten weiß ich nicht.

Nun waren im Transportbereich des Waggons, in den ich mich hinein gezwängt hatte, etwa 15 Fahrräder, ein Doppelkinderwagen und ein Bollerwagen. Dazu kamen noch etwa 10 Personen, die über die Fahrräder nicht mehr hinwegsteigen konnten bzw. auf ihre Fahrräder achten wollten sowie drei Mütter mit ihren kleinen Kindern. So ging es dann die knapp zwei Stunden nach Berlin. An den nächsten Stationen wurden zumindest bei uns vorne auch keine Fahrräder mehr hineingelassen. Inzwischen hatte man sich aber etwas sortiert. Da ich als letzter in Falkenberg aussteigen musste, gelang es mir, mich mit meinem Fahrrad in den hinteren Bereich zu verdrücken und fand dann dort auch einen einigermaßen bequemen Stehplatz. Anerkennend muss ich sagen. Es herrschte die ganze Zeit keine aggressive Stimmung. Jeder arrangierte sich mit der Situation. In Berlin gab es dann die Erleichterung. Der Zug leerte sich und ich blieb dann schließlich mit meinem Fahrrad als einziger zurück. Auch im Sitzbereich des Zuges hatte es sich deutlich geleert und die nächsten anderthalb Stunden waren deutlich entspannt. Es stiegen zwar noch zwei Fahrgäste mit Fahrräder an späteren Stationen ein. Aber das war natürlich kein Problem mehr und so kam ich relativ entspannt in Falkenberg an.

Hier hatte ich eine knappe Stunde Aufenthalt. Die Temperaturen im Freien lagen inzwischen bei 33 Grad und die Bahnsteige in Falkenberg hatten keine schattenspendenden Dächer. Es gab also nirgends ein schattiges Plätzchen. Ich versuchte mich durch Auf und Ab gehen auf dem Bahnsteig etwas abzukühlen und hatte Gott sei Dank noch Wasservorräte mit. So ging dann die Zeit auch vorbei. Der Zug nach Leipzig war nicht überfüllt. Ich fand einen Platz für mein Fahrrad und einen Platz für mich. So kam ich überaus pünktlich in Leipzig an und war doch froh, wieder nach Hause zu kommen.

Tagesdaten: 20,03 Km; 01:36:06 Std. Fz.; 12,5 Km/h; 98 Hm

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