Heute soll es also an die Moselquelle gehen. Ich zweifle lange, ob ich die Tour ganz fahren soll. Es ist ein Temperatursturz von etwa 10 Grad angesagt. Ich muss eine Passhöhe von über 700 Metern überwinden und es soll Regen geben. Ca. 40 Km der insgesamt heute geplanten 51 Km könnte ich mit dem Zug fahren. Aber ich wähle doch den beschwerlicheren Weg, weil alle Beschwernisse eigentlich des Radwanderers Alltag sind. Immerhin bin ich ja dieses Frühjahr schon einmal eine Woche im Regen gefahren. Und Steigungen muss man als Radfahrer auch verkraften.

Gegen 8.45Uhr komme ich in Mulhouse los. Noch scheint die Sonne. Aber Richtung Vogesen braut sich etwas zusammen, was nicht so vielversprechend aussieht. Der Weg führt über Richwiller und Wittelsheim bei Cernay an den kleinen Fluss la Thur und diesen entlang über Thann nach Fellering und von dort über Urbes auf der Nationalstraße 66 über den 731 Meter hoch gelegenen Pass Col de Bussang. Die Moselquelle ist nur einige Hundert Meter von der Passhöhe entfernt und meine Unterkunft hatte ich heute in dem zwei Kilometer entfernten Ort Bussang gebucht.

Die ersten 40 Kilometer verlief die Fahrt unproblematisch. Sehenswert ist der kleine Ort Thann. Gegen Mittag setzt dann Regen ein und es wird spürbar kälter. Beim ersten Mal stelle ich mich noch an einem Eier und andere landwirtschaftlichen Produkte anbietenden Automaten unter. Er hat ein entsprechend langes Vordach. Danach finde ich aber keine Unterstellmöglichkeiten mehr. Zwar ist das Tal der Thur gut besiedelt. Es folgt ein Dorf hinter dem anderen, aber ab Urbes folgt nur noch der Anstieg zum Col de Bussang auf der recht befahrenen Nationalstraße 66 und da regnet es dann am heftigsten. Für mich erfreulich ist, dass ich kein Mal absteigen und schieben muss, was an der Nationalstraße noch unangenehmer wäre als ohnehin. Es geht mit einem Anstieg von 4 bis 6 % den Berg hinauf. Das sind Steigungen, die ich auch mit einem bepackten Fahrrad noch bewältigen kann und so bin ich natürlich ganz stolz auf mich, dass ich solche Steigungen noch meistern kann und auch den Col de Bussang so meistere.

Der Col Bussang hat auch in der deutsch/französischen Geschichte eine Rolle gespielt. So verlief hier zwischen 1870 und 1919 die Grenze zwischen Frankreich und dem damaligen Deutschen Reich. Zu dieser Zeit wurde der Pass noch durch einen Scheiteltunnel unterquert mit Zollstationen zu beiden Seiten des Tunnels. Die abziehende Deutschen sprengten den Tunnel dann gegen Ende des zweiten Weltkrieges. Schon in den 1930 Jahren war von den Franzosen mit dem Bau eines Tunnels begonnen worden, der zur Verlängerung einer Eisenbahnstrecke dienen sollte. Das halbfertige Projekt wurde dann von der deutschen Nazi-Besatzung in eine Rüstungsfabrik umfunktioniert. Hier arbeiteten dann Zwangsarbeiter des KZ Dachau und des KZ Natzweiler-Struthof unter erbärmlichen Bedingungen. Auch hier kamen viele Unschuldige ums Leben.

Mein Quartier liegt in dem kleinen Ort Bussang, das ein wenig an ein Bergdorf in den Alpen erinnert. Das Quartier ist einfach aber ausreichend. Es ist sozusagen ein Hotel in Eigenbauweise. In ein ganz normales Zimmer hat man irgendwann eine Toilette eingebaut. Als das nicht mehr den Ansprüchen der Gäste genügte kamen offensichtlich noch die Dusche und das Waschbecken hinzu. Dadurch ist nun der Wohnraum des Zimmers ziemlich klein geworden. Aber man ist schon dabei auch hier perspektivisch Abhilfe zu schaffen. Ziemlich durchnässt komme ich dort an und bin froh, dass ich meine voraussichtliche Ankunft schon ab 15 Uhr signalisiert habe. Es ist Punkt 15 Uhr als ich vor der Tür stehe und ich werde eingelassen. Ich habe auch schon anderes erlebt. Zunächst bin ich natürlich damit beschäftigt, meine Wäsche so zu drapieren, dass sie morgen auch voraussichtlich wieder trocken ist. Ansonsten bin ich ziemlich kaputt und nutze den Nachmittag, mich wieder zu regenerieren.

Tagesdaten: 51,97 Km; 4:51:52 Std. Fz; 10,68 Km/h; 719 Hm

Ein Kommentar

  • Françoise sagt:

    Drei Fotos haben mir am besten gefallen:
    1) die erste, Wolken über den Vogesen
    2) der Automat mit landwirtschaftlichen Produkten (unglaublig…)
    3) und natürlich der Selbstporträt an der Moselquelle!!!

    Gratulierung für diesen Aufstieg unter Regen!

    Françoise

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