Mit dem Aufbruch heute lasse ich mir Zeit. Nach meinem Frühstück recherchiere ich noch ein paar Dinge und dann mache ich mich gegen 10 Uhr auf den Weg. Wieder sind es rund zehn Kilometer bevor ich Bialystok verlassen habe. Noch in Bialystok komme ich an einem recht neu wirkenden orthodoxen Kirchengebäude vorbei, was, da ich nicht unter Zeitdruck stehe, meine Aufmerksamkeit erweckt. So mache ich Halt und zu meiner großen Überraschung ist die Kirche sogar geöffnet, weil sie gerade von einer Frau gereinigt wird. Die Frau ist sehr freundlich, als ich sie frage, ob ich ein wenig fotografieren dürfe. Sie genehmigt dies sehr wohlwollend und so bekomme ich auch einige eindrucksvolle Ansichten von der farbenfrohen Gestaltung der Kirche. Sie ist in den 1980er Jahren erbaut worden und trägt den bedeutungsschweren Namen Hagia Sophia („Heilige Weisheit“).
Nachdem ich mich umgeschaut habe geht es weiter. Zunächst geht es auf asphaltierter Straße nach Supraśl. Supraśl ist eine hübsche Kleinstadt mit etwa 4700 Einwohnern. Bedeutendste Sehenswürdigkeit der Stadt ist das Kloster Mariä Verkündigung, ein orthodoxes Kloster und heute eines der insgesamt sechs Männerklöster der Polnisch-Orthodoxen Kirche. Leider sind das Kloster, sein bedeutende Kirche und das Museum heute am Montag geschlossen. Ich kann mir das Ganze daher nur von außen betrachten und das Gelesene schildern. Der Klosterhof wird von barocken Gebäuden des 17. und 18. Jahrhundert umrahmt, dessen Mittelpunkt bildet die Klosterkirche Cerkiew Zwiastowania Najświętszej Marii Panny (Kirche der Verkündigung der Allerheiligsten Jungfrau Maria). Sie wurde im 16. Jahrhundert im Stil der Renaissance erbaut, im Zweiten Weltkrieg gänzlich zerstört, von 1998 bis 2004 originalgetreu wiederaufgebaut und gilt als eine der schönsten orthodoxen Kirchen Polens. Schade also, dass es mit einem Besuch nicht geklappt hat.
Heute befindet sich im einstigen Palast des Archimandriten ein Museum, das eine der bedeutendsten Ikonensammlungen Polens beherbergt. Für das dort befindliche, bedeutende Homiliar Codex Suprasliensis, eines der ältesten seiner Art weltweit und eine der ältesten slawischen Schriften Polens wurde Supraskaja Lavra namensgebend. Der Codex Suprasliensis ist eine Handschrift in altkirchenslawischer Sprache in kyrillischer Schrift. Sie stammt wahrscheinlich aus dem frühen 11. Jahrhundert aus dem nordöstlichen Bulgarischen Reich und wurde erst 1823 hier im Kloster entdeckt. Seit dem 20. September 2007 gehört diese Schrift zum Weltdokumentenerbe der UNESCO.
Wie gesagt ich betrachte die Anlage von mehren Seiten und hoffe, dass auch die Fotos von außen, zeigen wie beeindruckend die Anlage ist. Nach der Besichtigung des Klosters von außen mache ich erst einmal Mittagspause auf dem sonnigen großen Platz vor dem unscheinbaren Rathaus von Supraśl. Der Rest der heutigen Strecke ist dann nicht mehr sonderlich anstrengend und aufregend. Erwähnenswert ist noch das Palais der Fabrikantenfamilie Buchholtz, das 1903 im Stil der Neorenaissance umgebaut wurde. und sog gar nicht zu der sonstigen Architektur der Landschaft mit ihren eher niedrigen und einfachen Holzhäusern passt.
In Michalowo werde ich freundlich Zajazd Michalowo empfangen. Es hat eigentlich weniger den Stil eines Gasthauses (Zajazd heißt Gasthaus) wie wir es verstehen, sondern ist eher ein einfaches Hotel. Die Zimmer sind ordentlich und ich finde alles, was für mich notwendig ist. Nebenan ist ein große Supermarkt, so dass meine Verpflegung für morgen unterwegs gesichert ist und nur wenige Meter von der Unterkunft hat auch ein Restaurant geöffnet, wo ich es mir mit einer traditionellen polnischen Wurstsuppe und Piroggen schmecken lasse.
Tagesstrecke: 62,65 Km; 12,18 Km/h; 409 Hm