19. Tag: (27. März 2024) – Beauvoir am Mont Saint-Michel

Tagesstrecke: 19,82 Km

Heute ist ein Ruhetag angesagt. Ich schlafe aus, frühstücke ausführlich französisch; es gibt weder Wurst noch Käse, aber die Marmelade ist köstlich. Auch der Kaffee ist sehr ordentlich. Am Vormittag zieht ein breites Regengebiet von West nach Ost, sodass ich es vorziehe auf meinem Zimmer zu bleiben und den gestrigen Reisebericht zu Ende zu schreiben.

Gegen Nachmittag wird es unerwartet schön und für zwei, drei Stunden scheint sogar die Sonne. Da ich einige Dinge einkaufen muss, Zahnpasta, einen Fettstift für die Lippen usw. Fahre ich mit dem Fahrrad in das fünf Kilometer entfernte Pontorson, Vom Mont Saint-Michel bis hier nach Beauvoir gibt es zwar zahlreiche Restaurants, Bars und Cafés aber keinen einzigen Lebensmittelladen und auch keine Apotheke oder Drogerie. Das alles findet man nur im fünf Kilometer entfernten Pontorson, einem Ort von immerhin über 4 Tsd. Einwohnern.

Nachdem ich alles eingekauft habe, setze ich mich noch in eine Bar und gönne mir einen Cappuccino und ein belegtes Baguette. Dann fahre ich zum auf einem gerade entdeckten Radweg entlang des Flusses Couesnon die 10 Kilometer zum Mont Saint Michel. Die Sonne steht so günstig, dass es eine ideale Möglichkeit sein muss, den Mont Saint-Michel zu fotografieren. Außerdem kommt der Wind von Süden und ich habe den ganzen Weg Rückenwind.

Als ich am Beginn des Damms, bzw. der Brücke zur Insel ankomme, bestätigt sich meine Vermutung. Der Mont Saint-Michel wird von der Sonne direkt angestrahlt. Besseres Licht kann man sich kaum wünschen, außer vielleicht, dass es etwas dauerhafter gewesen wäre. Ich muss mich daher etwas beeilen, denn es ziehen erneut dunkle Wolken auf. So mache ich Fotos und fahre auf dem Damm und dann auf der Brücke direkt zum Mont Saint-Michel.

Auch wenn ich die Abtei Mont Saint-Michel erst morgen besuchen werde, hier einiges zur Geschichte und Gegenwart. Mont-Saint-Michel ist eine ehemalige Abtei der Benediktiner, die auf der gleichnamigen Klosterinsel liegt. Die Bauten der Abtei Mont-Saint-Michel wurden weitgehend gleichzeitig mit den gotischen Kathedralen errichtet und immer wieder verändert. Es war eines der umfangreichsten, schwierigsten und kostspieligsten Bauprojekte des gesamten Mittelalters. Jährlich besuchen ca. 3,5 Millionen Menschen den Berg. Die Bauten auf dem Mont-Saint-Michel gehören zum kulturellen Erbe Europas. Seit 1979 sind sowohl der Klosterberg als auch die umgebende Bucht Teil des UNESCO-Welterbes.

In der Französischen Revolution wurden am 13. Februar 1790 Orden verboten und die Abtei aufgelöst. Die Abteigebäude dienten bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts als Gefängnis – insbesondere für politische Häftlinge. Napoleon machte den Berg zum Zentralgefängnis für Häftlinge mit langjährigen Haftstrafen. Aufseher und Soldaten einer hier stationierten Einheit bewachten sie. Öffnungen wurden vergittert und bis zu 600 Frauen und Männer untergebracht. Dazu wurden Umbauten durchgeführt und unter anderem im Refektorium in der Kirche Zwischendecken eingezogen. Darunter wurden Werkstätten eingerichtet. In den Kapellen entstanden Webereien und Schuhmeistereien. Der Rittersaal wurde zur Spinnerei umfunktioniert. Die Haftbedingungen waren schwierig. Da die Hygiene vom Wassermangel geprägt war, wurde die Krypta zur Zisterne umgebaut.

Da die Abtei als „romantischer Ort“ viele Besucher hatte, ließ einer der Direktoren einen Führer zur Besichtigung des Gefängnisberges drucken. Victor Hugo prangerte nach einem Besuch die „erbärmlichen““ Zustände an sowie die Respektlosigkeit, auf der Spitze der Abteikirche einen Telegraphen zu installieren. Durch kaiserliches Dekret vom 20. Oktober 1863 wurde das Gefängnis geschlossen.

Seit 1966, dem Jahr der Jahrtausendfeier der Benediktiner-Abtei des Mont, gibt es hier wieder Ordensleute. Sie erhielten Wohnmöglichkeit im nach Süden gelegenen Abtgebäude, die gesamte Klosteranlage blieb jedoch in staatlicher Hand. Es leben Brüder und Schwestern der Gemeinschaften von Jerusalem in dem Kloster. Für die Wallfahrtsseelsorge ist seit 2022 die Gemeinschaft Sankt Martin verantwortlich. Wer über diese Gemeinschaften Näheres wissen möchte, findet bei Wikipedia unter den entsprechenden Stichworten weitere Informationen.

Nachdem ich mein Fotoshooting abgeschlossen und einen kleinen Spaziergang auf der Insel unternommen habe, soweit man es ohne Eintrittskarte kann, setze ich mich auf mein Fahrrad und radle wieder entlang des Couesnon zurück. Was ich vorhin als Rückenwind hatte, habe ich nun als Gegenwind und der wird immer stärker. Ich kämpfe mich also voran, bis ich nach vier Kilometern in Beauvoir bin und dann wieder in mein Quartier komme. Am Abend gehe ich dann wie bereits gestern zu Fuß zur einen Kilometer entfernten Hauptstraße. Dort hatte ich das Restaurant „Le Fermette“ (Das Bauernhaus – sieht aber gar nicht danach aus) entdeckt, in dem es sehr gute herzhafte Crêpes gibt. Eine davon lasse ich mir auch heute wieder bei einem kleinen Glas Bordeaux schmecken. Auf dem Rückweg dann hat es relativ stark zu regnen begonnen. Aber ich bin ja bald wieder zurück in meiner Unterkunft.

Ein Kommentar

  • Steffi sagt:

    Lieber Wolfgang, ich wünsche dir schöne Ostertage in Frankreich auf Radtour mit viel Sonnenschein, gutem Essen und interessanten Begegnungen. Die Informationen von deiner Tour finde ich toll. Die „Verlinkung “ klappt super und lädt zum Antworten ein. Ich hoffe du freust dich über die Grüße aus Leipzig. Bleib schön fit! Liebe Grüße Steffi

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