17. Tag (23. Oktober 2019): Simbabwe – Victoriafälle

Nun neigt sich unsere Reise doch langsam dem Ende entgegen. Morgen geht es schon wieder zurück nach Hause. Ein Highlight steht aber noch aus: die Victoriafälle. Wir können es heute etwas langsamer angehen. Bis zu unserer nächsten Unterkunft in Victoria Falls sind es weniger als 100 Kilometer. Allerdings müssen wir die Grenze nach Simbabwe passieren. Hier kann es je nach Laune der Grenzbeamten auch etwas länger dauern wie uns Butz erläutert. Natürlich hat man hier auch gemischte Gefühle, weil man weiß, dass der langjährige Präsident Robert Mugabe, einst als Hoffnungsträger der Unabhängigkeit in Afrika hofiert und gepriesen, dieses Land in den letzten zwei Jahrzehnten so heruntergewirtschaftet hat, dass es nun zu den ärmsten und korruptesten Ländern der Welt gehört. Willi hat öfters nicht zu Unrecht darauf hingewiesen, dass Rhodesien, also das heutige Simbabwe, einst die Kornkammer Afrikas gewesen sei.

Die Grenze liegt nur wenige Kilometer hinter unserer Unterkunft bei Kazungula. Der Weg zur Grenze ist etwas verworren. Das liegt aber wohl daran, dass die Zufahrtsstraße gerade neu gebaut wird. An der Grenze ist der Betrieb überschaubar. Man muss 30 US$ zahlen, um einreisen zu dürfen. Die Grenzbeamten sind zurückhaltend und malen die Buchstaben der Namen der Reisenden mit großer Genauigkeit und Akkuratesse auf ein Blatt Papier, das später selbstklebend als Visum in jeden Pass eingeklebt wird. Das dauert pro Person etwa 5 bis 10 Minuten. Wir schaffen es aber in einer Dreiviertel Stunde, dass alle durch sind. Butz nennt das eine gute Zeit für Simbabwe.

Wir fahren nun noch etwas über eine Stunden auf einer kleinen aber gut asphaltierten Straße in den Ort Victoria Falls. Die Stadt hat ca. 33 Tsd. Einwohner und lebt hauptsächlich vom Tourismus mit den Schwerpunkten Kolonialnostalgie und Abenteuertourismus. Wir sind erstaunt, wie modern die Stadt wirkt. Als erstes sehen wir einen großen Supermarkt und einige Fast-Food-Restaurants. Aufgrund ihrer relativ isolierten Lage im äußersten westlichen Zipfel Simbabwes wird die Stadt von den politischen und ökonomischen Unruhen sowie auch von der wegen der Verarmung des Landes sich ständig ausweitenden Kleinkriminalität wohl nicht erfasst. Entwickelt hat sich die Stadt aber erst im 20. Jahrhundert. So führte der Bau der Eisenbahnlinie zu einer ersten Siedlung. Das erste Victoria Falls Hotel (http://www.victoriafallshotel.com/) eröffnete 1904 und wurde später zu einem Luxushotel ausgebaut. Erst in den 1960er Jahre entwickelte sich die Stadt aber zu einem Touristenzentrum.Butz meint, dass der Eindruck, den wir von Victoria Falls haben, nichts mit der Entwicklung und den Zuständen im restlichen Land zu vergleichen ist.

Touristisch interessant sind natürlich vor allem die Victoriafälle. Angeboten werden aber auch verschiedene Arten des Bungeespringens von der Eisenbahnbrücke über den Sambesi, die Simbabwe mit Sambia verbindet. Darüber hinaus kann man sich hier mit Wildwasserrafting, Rundflügen, Safaritouren in die umliegenden Nationalparks sowie Großwildjagden die Zeit vertreiben. Außerdem gibt es noch einen Golfplatz und ein Casino.

Da es noch nicht einmal Mittag und unsere Lodge sicher noch nicht bezugsfertig ist, fahren wir gleich durch die Stadt zum Eingang des Victoria Falls National Park. Butz besorgt die Eintrittskarten, denn der Besuch der Victoriafälle gelingt nur über den Nationalpark. Der Weg vom Nationalparkeingang bis zu den Wasserfällen ist nur wenige hundert Meter weit. Bevor man die Fälle erreicht, kommt man an dem Denkmal für David Livingstone (1813-1873) vorbei, der die Fälle als erster Europäer entdeckte. Livingstone war Missionar und Afrikareisender. Er hatte bereits 1851 von den Wasserfällen gehört und erreichte sie vier Jahre später. Zu Ehren der damaligen britischen Königin Victoria gab er ihnen den Namen Victoriafälle. Natürlich war Livingstone nicht der erste, der die Victoriafälle entdeckte. Die einheimischen Kololo, die hier seit Anfang des 19. Jahrhunderts siedelten, nannten, die Fälle eigentlich viel plausibler Mosi-oa-Tunya, was soviel wie „donnernder Rauch“ bedeutet und auf den Wasser-Sprühnebel verweist, der, wenn der Sambesi viel Wasser führt, bis zu 300 Metern Höhe aufsteigt und angeblich noch bis in 30 Kilometer Entfernung zu sehen ist. Dementsprechend heißt der Nationalpark auf der sambischen Seite auch Mosi oa Tunya National Park. Die Umgebung der Victoriafälle ist sogar ein Regenwald, der durch diesen Sprühnebel entstanden ist.

Davon bekommen wir leider oder vielleicht auch Gott sei Dank wenig mit. Als wir hier sind, führt der Sambesi ausgesprochen wenig Wasser. Auf der gesamten sambischen Seite fällt zur Zeit überhaupt kein Wasser runter. Dennoch sind die Fälle auch heute beeindruckend und man hat den Vorteil, dass man die 1700 Meter lange und quer zum Flusslauf liegende, 110 Meter tiefe und kaum mehr als 50 Meter breite Schlucht ohne Probleme überblicken kann. Dies wäre wohl wegen des Sprühnebels, wenn der Sambesi viel Wasser führt, kaum möglich. Heute stürzt der Fluss gerade mal an drei Stellen und vielleicht auf einer Länge von 300 Metern in die Tiefe. Entlang der Fälle führt hier in Simbabwe ein Fußweg nahe an der Schlucht entlang. Sie ist auch bei wenig Wasser sehenswert. Zu einer gemeinsamen Besichtigung der Gruppe – wie von Butz vorgeschlagen – kommt es nicht, weil doch jeder individuell schauen, staunen und fotografieren möchte. Deshalb gibt uns Butz dann etwa anderthalb Stunden Zeit, damit wir die Victoriafälle erkunden zu können.

Wir wandern also die Schlucht entlang und finden natürlich viele „Ah“- und „Oh“- Stellen, die zum Fotografieren einladen. Natürlich sind wir nicht alleine unterwegs, sondern zahlreiche andere Reisegruppen finden auch den Weg entlang der Schlucht. Dennoch scheint die Zeit gut gewählt zu sein. Es ist zumindest nicht überfüllt.

Ich frage mich die ganze Zeit, wie es eigentlich zu dieser Schlucht gekommen ist. Ohne hier in die geologischen Tiefen vorzudringen, kann es ja nur so sein, dass der über harte Basaltfelsen fließende Sambesi hier auf eine querverlaufende weichere oder porösere Gesteinsschicht traf, diese bzw. das poröse Gestein auswusch, bis sie zusammenbrach. Nachdem ich dies im Nachhinein in etwa bestätigt finde, erfahre ich auch, dass es noch mehr solcher querverlaufenden Gesteinsschichten im Oberen Teil des Sambesi gibt, so dass man davon ausgeht, dass sich die Victoriafälle geologisch immer mehr in Richtung der Quelle des Sambesi verlagern werden. Das dauert aber seine Zeit und sicher mehrere Menschenalter, so dass wir heute nicht darüber spekulieren müssen, ob die Victoriafälle in 20 Jahren noch hier an derselben Stelle in die Schlucht fallen. Schaut man sich den Verlauf des Sambesis unterhalb der Fälle an, scheint es auch nicht ausgeschlossen, dass die heutigen Victoriafälle nicht die ersten Fälle hier am Sambesi waren.

So wandern wir den Weg entlang der Schlucht bis zu der ursprünglich nur Eisenbahn- und später gleichzeitig Autobrücke, die unterhalb der Wasserfälle über den Sambesi führt und Simbabwe und Sambia miteinander verbindet. Die Straße führt dann in Sambia weiter nach Livingstone, einer Großstadt von ca. 135 Tsd. Einwohnern in Sambia. Auch sie verdankt ihre Entstehung dem Bau der Brücke über den Sambesi. Zurück zu wandere ich mit Willi und er erzählt mir viele interessante Geschichten aus seinem Leben und erklärt damit viele seiner heutigen Sichtweisen. So kann ich einiges, was er sagt zunehmend besser verstehen, nachdem wir uns während der Reise öfter argumentativ auseinandergesetzt haben.

Als wir in den Servicebereich des Nationalparks zurückkehren sind die anderen schon wieder da. Wir fahren dann in die nahe gelegene Ilala Lodge (https://www.ilalalodge.com/) und checken in unserer nun letzten Unterkunft ein. Auch diese Lodge ist sehr groß. Unsere Zimmer sind allerdings noch nicht fertig, so dass wir noch etwa eine Stunde in der Vorhalle verbringen müssen, bevor wir unsere Zimmer beziehen dürfen. Der Nachmittag steht dann zur freien Gestaltung. Heidrun und vier andere aus unserer Reisegruppe haben sich für den Hubschrauberflug über die Victoriafälle entschieden, während ich mich auf die Ruhe freue. Mein ursprüngliches Vorhaben, noch einmal in den Nationalpark zu besuchen und an den Victoriafällen entlang zu flanieren, gerät schnell in Vergessenheit. Irgendwie beendet mein Gemüt langsam diese eindrucksvolle Reise und ich fange an, mich auf zu Hause zu freuen.

Von ihrem Flug bringt Heidrun noch schöne Fotos mit, die ich hier verwenden darf. Abends sitzen wir dann in der Lodge zusammen und genießen das Essen vom Buffet. Natürlich gibt es noch einmal viele Gespräche und Rückblicke, aber man merkt auch, dass schon viele mit dem Kopf wieder auf der Heimreise bzw. daheim sind. Ich glaube, dass ist aber ein normaler Vorgang bei solchen Reisen. Karsten überreicht nun Butz, das von uns allen in einem Umschlag gesammelte Trinkgeld, was sich Butz wahrlich verdient hat. Er hat uns sehr kompetent auf dieser Reise alles erläutert, war meistens gut gelaunt und hat damit auch für eine insgesamt gehobene Stimmung gesorgt. Er hat uns aber auch sicher über 4.461 Kilometer durch Afrika gefahren. Mit diesen positiven Gefühlen verabschieden wir uns dann nacheinander und jeder geht mit seinen ganz eigenen Gedanken und Empfindungen ins Bett in der letzten Nacht in Afrika.

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