Auch heute war ein unspektakulärer Tag. Aber gestern hatte ich noch ein Erlebnis bzw. eine Begegnung, von der ich gerne noch berichten möchte. Kurz nachdem mich etwa 20 Kilometer vor meinem Ziel ein Auto mit holländischem Kennzeichen überholt hatte, kehrte es zurück und eine Dame etwa meines Alters fragte mich, ob ich auch zum nächsten Campingplatz nach Hossa wolle und bot mir an, mein Gepäck mitzunehmen, weil es doch hier nur auf und ab ginge. Ich war völlig verwirrt ob dieses Ansinnens und stammelte dann nur in meinem gebrochenen Englisch, dass ich das schon alleine schaffen müsse. Natürlich ging mir sofort durch den Kopf, was alles passieren könnte, wenn man einem fremden Menschen sein im Moment wichtigstes Hab und Gut anvertraut usw. Hinterher habe ich mich gefragt: Wie blöd bist du eigentlich? Bekommst ein so tolles Angebot, Dich für mindestens eine Stunde von deiner 30 Kilolast zu befreien und nimmst es nicht wahr.
Als ich dann am Campingplatz ankam suchte ich nach der freundlichen Dame und bedankte mich noch einmal für das Angebot, was ich blöderweise nicht angenommen habe. Wir kamen dann ein wenig ins Gespräch über unsere Reisen. Sie sprach nämlich perfekt Deutsch und wohnt in Arnheim direkt an der deutschen Grenze. Daher gehe sie auch immer in Kleve einkaufen und tanken, weil es in Deutschland doch erheblich billiger sei als in Holland. Sie fand Finnland nicht so schön, weil es zu teuer ist und hier zwar wenige Menschen leben aber viele unterwegs seien. Amerika habe ihr viel besser gefallen. Wofür ich ein gewisses Verständnis habe. Sie übernachtete übrigens in ihrem PKW, weil sie auch nicht gerne zelte. Ich bin immer wieder überrascht, wie viele Frauen in einem schon etwas vorgerückten Alter inzwischen schon ganz ausgefallene Touren machen. Sie wollte, bevor Putin und Trump sich irgendwann Mitte Juli in Helsinki treffen, nach Tallin übersetzen und noch die baltischen Staaten und Polen bereisen. Dort sei es wenigstens preiswerter.
Nun zum heutigen Tag. Wie gesagt, viel zu berichten gibt es nicht. Es ging wieder auf und ab durch Wälder und vorbei an Seen und Wiesen auf ordentlichen Straßen. Das könnte inzwischen mein Standardsatz für meine Berichte werden. Ich fotografiere auch nicht mehr jedes Rentier, sondern versuche nur noch die schönsten Motive zu erfassen. Man muss nämlich auch konstatieren, dass trotz einer gewissen Eintönigkeit der Landschaft es immer wieder phantastische Landschaftsbilder gibt.
Ansonsten ziehe ich heute eine gewisse Zwischenbilanz. Gestern hatte ich auf meiner Tour bereits über 1.000 Kilometer zurückgelegt. Die Strecke des Iron Curtain Trail, die ich bisher seit der Grense Jakobselv zurückgelegt habe, beträgt mit der heutigen Tour rund 950 Kilometer. So habe ich bereits über die Hälfte der 1780 Kilometer langen Strecke in Norwegen und Finnland hinter mich gebracht. Da ich erst am 21. Juli nach Russland fahren kann, bin ich gut in der Zeit und beschließe morgen einen Ruhetag einzulegen. Außerdem tobte hier um Suomussalmi die wohl heftigste Schlacht des Winterkrieges und es gibt eine etwa 20 Kilometer lange sogenannte Museumstraße bis hin zur russischen Grenze mit insgesamt drei Museen und mehreren Denkmäler, die ich mir gerne etwa genauer ansehen möchte. Leider ist für morgen Regen angesagt. Allerdings sind die Wetterprognosen erfahrungsgemäß etwas unpräzise, so dass ich mich erst einmal einfach überraschen lasse. Auch heute war der Tag heiter bis wolkig und angenehm warm und widersprach damit der Prognose von gestern. Leider ist mein Quartier hier in einer Hütte auf dem Campingplatz das einfachste und kleinste, das ich bisher hatte. Das Ambiente und die sanitären Einrichtungen sind schon sehr in die Jahre gekommen und korrespondieren somit etwas mit dem Bewirtschaftungsehepaar, das sehr freundlich aber auch schon älteren Jahrgangs ist. Aber auch damit kommt man zu recht und so nähere ich mich eben doch noch an den Campingurlaub an. Das einzige, was mir beim Zelten noch fehlt, ist ein kleiner Tisch, auf dem ich meine abendlichen Arbeiten verrichten könnte. Nur die wenigsten Campingplätze haben entsprechende Gemeinschaftsräume, wo man sich abends hinsetzen könnte. Ansonsten bin ich inzwischen Selbstversorger. Das letzte Mal warm essen war ich vor sieben Tagen. Seitdem ernähre ich mich von mit Gouda oder Edamer sowie Salami belegten Broten. Morgens gibt es vorweg noch ein Müsli. Auch ein bis zwei Bananen und auf jeden Fall ein Apfel stehen auf dem Speiseplan. Regelmäßig gibt es auch noch etwas Süßes zwischendurch. Morgens und abends trinke ich Tee oder Kaffee und den Abend ausklingen lasse ich immer mit ein oder zwei Dosen Bier, dass allerdings in Finnland außerordentlich teuer ist. Ein 0,5 l Pilsner bekommt man im Supermarkt nicht unter drei 3 €. Lager ist etwas preiswerter, bei Lidl habe ich es sogar für 1,95 € bekommen. So lässt es sich übrigens ganz gut leben. Ich habe nicht den Eindruck, dass der Verzicht auf regelmäßiges warmes Essen mir in irgendeiner Weise schadet. Allerdings habe ich mir für meinen Ruhetag morgen ein warmes Essen vorgenommen.
Tagesdaten: 93,60 Km; 07:12:37 Std. Fz.; 12,98 Km/h; 763 Hm
Die folgenden Bilder sind einfach Impressionen von der heutigen Strecke