12. Tag (15. August 2019): Usedom – Ausflug nach Peenemünde

Auch der heutige Tag ist eher ungemütlich. Es ist zwar wieder etwas wärmer geworden, aber zahlreiche Schauer gehen nieder. Gute Gelegenheit, mal ein Museum zu besuchen. So zieht es mich noch einmal nach Peenemünde. Ich will mir nun doch unbedingt das HTM (Historisch Technische Museum Peenemünde) anschauen. Ich hatte schon vorgestern bei meiner Tour nach Peenemünde den Eindruck, dass man hier zu einer sehr differenzierten Einschätzung des Geschehens in Peenemünde während der Nazizeit gekommen ist und möchte sehen wie man dies austellungstechnisch umgesetzt hat.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich doch sehr beeindruckt bin, über das, was sich hier an Ausstellungschoreographie entwickelt hat. Als ich das letzte Mal hier war, ich weiß gar nicht mehr genau wann das nach 1990 war, war das Museum eine Informationszentrum genannte Erinnerungsstätte, die einer Form von Heldenverehrung huldigte, insbesondere gegenüber den Wissenschaftlern allen voran natürlich Wernher von Braun. Dies hat wohl auch zu internationaler Kritik geführt. Darauf hat man die Trägerschaft in eine GmbH überführt und ein Museumskonzept entwickelt, das sich nun deutlich von damals unterscheidet. Inzwischen ist die Ausstellung im Kraftwerk eine historische Ausstellung, in welcher neben der Technikgeschichte auch das Andenken der Opfer seien Platz findet.

Man wird als Besucher anhand von Exponaten, Dokumenten und Filmen darüber informiert, welch verhängnisvollen Pakt die Raketenbauer und ihr technischer Leiter Wernher von Braun mit den damaligen Machthabern eingingen. Darüber hinaus wird aber auch dargestellt wie der Wissensschatz aus der HVA die Grundlage der Atomraketen-Entwicklung der Siegermächte bildete. Sowohl in den USA aber auch in der UDSSR, Großbritannien und Frankreich waren Peenemünder Fachleute maßgeblich daran beteiligt.

Es wird aber auch die Situation und die Arbeitsbedingungen der Zwangsarbeiter beleuchtet. Ausführlich wird der KZ-Häftlinge gedacht, die unter unmenschlichen Bedingungen die „Wunderwaffen“ montieren mussten. Und schließlich wird auch die Ambivalenz dieser Raketenforschung und Entwicklung deutlich. So stand in Peenemünde nicht primär die Wiege der Raumfahrt, sondern primär die Wiege der später dann zum Transport von Nuklearwaffen dienenden Träger wie Interkontinental- und Mittelstreckenraketen. Die militärischen Zwecke standen bei denen, die das Geld zur Verfügung stellten im Vordergrund, die Raumfahrt war bestenfalls ein öffentlichkeitswirksames und identitätsstiftendes Abfallprodukt.

Sehr empfehlenswert ist auch die derzeitige Sonderausstellung „Krieg oder Raumfahrt? – Die Versuchsanstalten Peenemünde in der öffentlichen Erinnerung seit 1945“, die das Dilemma der Erinnerung und der Bewertung von Peenemünde sehr gekonnt in die unterschiedlichen zeitlichen Betrachtungsweisen stellt und eindrücklich darstellt. Ich kann daher den Besuch des Historisch-Technischen Museums Peenemünde nur sehr empfehlen und ich hätte gerne noch mehr Zeit hier verbracht. Ich hatte allerdings am frühen Nachmittag einen Termin bei einem Physiotherapeuten, weil mich seit einiger Zeit wieder einige Blockierungen in der Halswirbelsäule stören, die vor allem beim Fahrradfahren den Blick zurück behindern. So musste ich den Besuch des Museums mehr abbrechen als beenden, allerdings hat er mir dennoch in vielen Fragen noch einmal die Augen geöffnet und mich erheblich sensibilisiert hinsichtlich der uneingeschränkten Bewunderung der damaligen Raketenforscher und -entwickler um Wernher von Braun, der ich in meiner Jugend natürlich auch gefrönt habe, zumal kritische Stimmen damals nach der Begeisterung über die Mondlandung noch selten waren bzw. bis zu mir nicht vorgedrungen sind.

Tagesdaten: 25,40 Km; 01:48:11 Std. Fz.; 14,09 Km/h; 16 Hm

 

Schreibe eine Antwort

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.