Schon lange steht der Berliner Mauer-Radweg auf meiner Tourenagenda. Doch manchmal dauert es gerade länger, ehe man die naheliegendsten Projekte durchführt. Im Frühjahr hatte ich mit Alex, meinem Sohn, ausgemacht, dass wir dieses Projekt nun im Herbst gemeinsam angehen wollen. Alex ist nicht gerade ein passionierter Radfahrer, aber diese Tour wollte er gerne mit mir unternehmen. Immerhin ca. 170 Kilometer um das frühere West-Berlin.
Zur Vorbereitung und Begleitung gibt es auch hier ein bikeline Radtourenbuch mit dem Titel: „Berliner Mauer-Radweg. Eine Reise durch die Geschichte Berlins“ von Michael Cramer. Der Autor verdient hier besondere Beachtung. Michael Cramer, ein Politiker der Grünen, der, aus Nordrhein-Westfalen kommend, von 1977 bis 1995 Gymnasiallehrer in Berlin-Neukölln war, von 1989 bis 2004 im Berliner Abgeordnetenhaus saß und von 2004 bis 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments war, hat sich sowohl in Berlin als auch im Europäischen Parlament für die Entwicklung und den Ausbau von Radwegenetzen engagiert. Ganz besonders ist er aber als spiritus rector des Iron Curtain Trails, des Eurovelo 11, und eben des Berliner Mauer-(Rad-)Weges hervorgetreten. So ist das entsprechende bikeline über den Mauerradweg auch ein sehr detailreiches Buch zur Geschichte des Kalten Krieges in Berlin. Es ist so detailliert, dass man, wenn man sich während der Tour alles zu Gemüte führen würde, wohl kaum dazu käme, den Radweg tatsächlich zu fahren.
So habe auch ich das Projekt Berliner Mauer-Radweg aufgeteilt. Vom 10. bis zum 12. September 2019 fahren Alex und ich den Weg mit dem Fahrrad und vom 23. bis 25. September besuche ich dann noch einmal wichtige Stationen, um mich mit ihrem historischen Hintergrund vertrauter zu machen. Diese Stationen sind insbesondere der Innenstadtbereich mit der East Side Gallery den vielen Zeugnissen an der Bernauer Straße und der Bereich entlang der Stadtgrenze von Potsdam mit Griebnitzsee, Babelsberg und der Berliner Exklave Steinstücken und der DDR-Enklave Klein Glienicke.
Insgesamt ist der Berliner Mauerweg ein konzentriertes Freilichtmuseum der Zeit des Kalten Krieges. Es war wohl politisch ein nicht ganz unumstrittener Kampf, dieses Freilichtmuseum zu errichten und damit die Erinnerung an die Mauer aufrecht zu erhalten. Nicht wenige wollten unter dem Motto „die Mauer muss weg“ auch die Erinnerung daran auslöschen. Insofern ist der Kampf um, den Berliner Mauerweg auch psychologisch ein interessantes Exempel für die unterschiedlichen Betrachtungsweisen des Umgangs mit der Vergangenheit.