9. Tag: 26. April 2023 – Von Bartoszyce nach Sztynort

Das Frühstück im Hotel Bartis war ausgezeichnet und ließ keine Wünsche offen. Mit einem guten Frühstück und zwei Tassen Kaffee beginnt der Tag für mich immer gleich erst einmal erfreulich. So war es dann auch erträglicher, dass ich bei der Vorbereitung meines Fahrrads auf die heutige Tour feststellen musste, dass mein Fahrradschloss defekt ist. Es ließ sich zwar noch öffnen, aber dann hatte sich offenbar im Schloss etwas verhakt und ich konnte es weder schließen, noch den Schlüssel herausnehmen. Mal schauen, wo ich hier in Masuren Ersatz finde.

Heute liegt eine längere Strecke vor mir. Mein Ziel ist der kleine Ort Sztynort. Das Dorf liegt im Norden der Masurischen Seenplatte auf der Halbinsel Jez zwischen Mauer-, Dargeinen- und Dobensee. Ich verlasse dafür den Green Velo und umfahre den Mauersee südlich und nicht wie der Green Velo nördlich.Sztynort ist für mich wie die Marienburg ein Ort, an dem ich auf jeden Fall Station mache, wenn ich hier in der Gegend bin. Warum? Dazu in meinem morgigen Bericht mehr.

Die Strecke heute führt weitgehend über asphaltierte und verkehrsarme Nebenstraßen oder straßenbegleitende Fahrradwege. Sie führt überwiegend durch landwirtschaftlich genutzte Flächen, auf denen, soweit ich es zu dieser Jahreszeit schon beurteilen kann, insbesondere Getreide und Raps angebaut werden. Einmal sehe ich auch eine kleine Kuhherde, die sich extra für mich sammelt, sodass ich ein Foto machen kann, zu dem sie sich in Positur gesetzt haben.

Kulturell hervorhebenswert sind auf dieser Tour der Ort Sepopol, der früher Schippenbeil hieß, eine Kleinstadt, die landschaftlich sehr schön am Zusammenfluss der Guber in die Lyna (Aller) liegt. Sehenswert ist hier vor allem die schon weithin sichtbare gotische Pfarrkirche. Ihr statte ich dann einen kleinen Besuch ab.

Besonders hervorhebenswert ist aber das unweit der Strecke liegende Schloss Dönhoffstädt,  ein 1720 errichtetes Barockschloss in dem Dorf Drosze, das früher Dönhoffstädt hieß. Auch hierhin mache ich einen kurzen Abstecher. Es ist übrigens eine andere Dönhoffsche Linie als die aus der die spätere Chefredakteurin und Herausgeberin der Wochenzeitung DIE ZEIT, Marion Gräfin Dönhoff, stammte. Deren Stammsitz war das Schloss Friedrichsstein nahe Königsberg in der heutigen russischen Exklave Kaliningrad. Dieses wurde 1945 von den sowjetischen Truppen in Brand gesetzt und zerstört. Beide Schlösser weisen aber, wie man auf Fotos von Schloss Friedrichstein erkennen kann, eine hohe architektonische Ähnlichkeit auf und beide gehör(t)en zu den bedeutendsten Barockschlössern Ostpreußens.

Leider ist das Schicksal von Schloss Dönhoffstädt auch völlig ungeklärt. Als das Gebiet nach dem Zweiten Weltkrieg unter polnische Verwaltung gestellt wurde, wurde zunächst eine Landwirtschaftsschule in dem Gebäude eingerichtet. Seit dem Ende der Volksrepublik Polen ist das Bauwerk ungenutzt. Pläne, ein Hotel zu errichten, wurden bisher nicht umgesetzt. So droht inzwischen der zunehmende Verfall.

Ich fahre dennoch hin, um mir ein Bild zu machen. Das Gebäude ist umzäunt und eigentlich unzugänglich. Ein etwas merkwürdiges Pärchen kommt über das Schlossgelände und zum Tor, vor dem ich stehe und öffnet es einfach, was mir kurz vorher nicht gelungen ist. Das Pärchen spricht mich kurz an, aber ich verstehe kein Wort. Der Mann versucht es in Englisch, aber da er, obwohl höchsten 40 Jahre nur zwei Zähne im Mund hat, ist auch das Englisch für mich relativ unverständlich. Ich kann aber immerhin heraushören, dass er wissen will, wo ich herkomme. Als ich das mit „Germany“ beantworte, lächeln mich beide an und verabschieden sich. Auf dem Rücken der Frau steht „Who Takes me to Paris“!

So merke ich zumindest, dass man auf das Gelände kommt. Ich habe mich zwar dann getraut, bin aber nicht soweit vorgedrungen und wollte nur die hinter Schilf verdeckte Auffahrt zum Schloss sehen. Danach mache ich vor dem Schloss noch meine Mittagspause und verzehre zwei trockene Brötchen, eine Knackwurst und einen Apfel. Danach geht es weiter. Die Hälfte der Strecke liegt noch vor mir.

Als ich vom GreenVelo abbiege und in Richtung Mauersee fahre, komme ich auch an dem Gelände der Bunker des Oberkommandos der Wehrmacht im 2. Weltkrieg vorbei. Aber da ich mir vor fünf Jahren schon das sogenannten Führerhauptquartier Wolfsschanze angeguckt habe und mich die Aufmachung als gruseliges Disneyland schockiert hat, lasse ich diese Bunker links und rechts liegen und fahre weiter, sodass ich bereits gegen 16 Uhr mein Zie,l das Pensjonat Sztynort, erreiche, wo ich zwei Übernachtungen gebucht habe.

Zum Pensionat gehört noch ein Restaurant. Es hat den schönen Namen „Baba Pruska“, was soviel wie „Preußische Frau“ heißt. Am Abend kehre ich dort ein. Es ist für polnische Verhältnisse zwar eher hochpreisig, aber hat eine ausgezeichnete Küche. Ich bestelle mir eine Masurische Fisch Boullion und ein Kiewer Kotelett, was aus Hähnchenbrustfile besteht. Es schmeckt phantastisch und da ich mit dem Begriff nichts anzufangen wusste, habe ich natürlich erst mal wieder gegoogelt und siehe dar es gibt sogar in Wikipedia einen Artikel Kiewer Kotelett. Wen es also interessiert kann dort auch die Zubereitung erfahren.

Tagesstrecke: 83,34 Km;14,66 Km/h; 600 Hm

 

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