Nach dem ich das Frühstück im Palac Bialokosz genossen habe, mache ich mich wieder auf den Weg. Heute geht es vor allem auf der A 92 bzw. E 20 weiter in Richtung Südwesten. Die Straße ist schon sehr gut hergerichtet und so kann ich überwiegend auf einem etwa 1 ½ Meter breiten gut asphaltierten Seitenstreifen fahren. Leider wird er bei Kreuzungen immer sehr stark eingeengt, weil dort ein breiterer Mittelstreifen angelegt ist, die Gesamtfläche der Straße aber nicht entsprechend verbreitert wird. Das geht zu Lasten des Seitenstreifens.

Natürlich macht einem auf der Europastraße der ständige Lärm zu schaffen, der insbesondere durch die sehr hohe Zahl vorbeirauschender LKW erzeugt wird. Insofern nehme ich die für etwa 20 Kilometer von Komoot angebotene Alternativstrecke, die auch noch eine kleine Abkürzung ist, gerne an. Da ich den Rennradmodus eingestellt habe, dürfte ja auch nicht viel schiefgehen, zumal der Abzweig einen sehr einladenden Eindruck machte – dachte ich. Etwa fünf Kilometer lief es auf der Alternativroute auch sehr gut, eine gut asphaltierte Nebenstraße, kaum Autoverkehr und sogar noch ein begleitender Radweg. Doch dann nach der Durchfahrt durch ein Dorf – kam der Sand. Der Weg war zwar noch als Straße und auch als Radweg ausgewiesen, aber mit dem Fahrrad hier zu fahren, war schlicht unmöglich. Wie man so etwas für Rennräder vorschlagen kann, ist mir schleierhaft. Es half nichts, ich musste schieben. Nachdem ich so etwa vier Kilometer vorangeschlichen und keine Besserung abzusehen war, kapitulierte ich. Ich suchte mir den nächsten Waldweg, der wieder auf die E 20 zurückführte, schob das Fahrrad noch etwa zweieinhalb Kilometer dorthin und war richtig froh, wieder die gut asphaltierte Schnellstraße zu erreichen. Meine schöne Durchschnittgeschwindigkeit war natürlich dahin und ich hatte mindestens eine Stunde Zeit verloren.

Die weitere Fahrt verlief nun problemlos. Auch das Regengebiet, was sich angekündigt hatte, meinte es gut mit mir. Irgendwie fuhr ich durch einen Korridor, der mir nur einige Tropfen bescherte. So kam ich doch schon gegen 16 Uhr hier in Swiebodzin an. Das Hotel Siestra und mein Zimmer machen einen guten Eindruck. Aber ich hatte ja noch etwas vor und wollte mir noch das Highlight von Swiebodzin ansehen, von dem ich erst gestern erfahren hatte. Es ist eine Christusstatue. Nun bin ich eigentlich als Nichtchrist nicht so besonders an Christusstatuen interessiert. Aber es ist nicht irgendeine Christusstatue, sondern die Christusstatue. Es ist nämlich die größte Christusstatue der Welt. Ja, da habe ich auch gestaunt, denn bis gestern hätte ich auf die Frage, ob ich wüsste, wo die größte Christusstatue der Welt steht immer Rio de Janeiro genannt. Aber seit 2010 ist das falsch. Denn seitdem steht sie hier in dem kleinen Ort Swiebodzin, sozusagen nicht allzu weit vor unserer Haustür. Sie ist mit 36 Metern sechs Meter höher als die Christusstatue in Rio de Janeiro. Sie wurde allerdings nur auf einem künstlichen Hügel von etwa 15 Meter Höhe errichtet. Dennoch ragt sie weit in Land hinein und man sie schon aus weiter Ferne sehen, wenn man in Richtung Swiebodzin fährt. Wenn man dann davor steht, ist man schon sehr beeindruckt. Die Maße der Statue haben auch symbolische Bedeutungen. So ist die Statue 33 Meter hoch, was für die 33 Lebensjahre Jesu Christus symbolisiert. Auf dem Kopf befindet sich eine drei Meter hohe vergoldete Krone, die auf die drei Jahre des öffentlichen Wirkens von Jesus Christus verweist.

Die Baukosten sollen ausschließlich durch Spenden gedeckt worden sein. Ihre Höhe variiert je nach Quelle zwischen einer Million EURO bis 3,5 Millionen EURO. Angeregt wurde die Errichtung des Monuments vom Pfarrer des Ortes, Prälat Sylwester Zawadziki. Er verfügte testamentarisch, dass sein Herz zu Füßen der Christusstatue bestattet werden solle, denn er betrachtete die Realisierung es Monuments als sein größtes Werk. Als er dann 2014 starb wurde seinem letzten Willen auch durch den nunmehrigen Pfarrer Rechnung getragen und sein Herz in einer Schatulle im Fundamenthügel bestattet. Das hatte dann aber gravierende Folgen, da nach polnischem Recht Bestattungen nur auf Friedhöfen und andernorts nur mit besonderer Genehmigung erfolgen dürfen. Letztere hatte es wohl nicht gegeben. Das zuständige Gericht sprach daher den Pfarrer einer Ordnungswidrigkeit ohne weitere Strafe schuldig, worauf sich dieser versetzen ließ und keine Gottesdienste mehr in Swiebodzin leitete. Gegen die beiden Ärzte, die das Herz entnommen hatten, läuft ein Strafverfahren. So kann es manchmal enden, wenn man Großes geschaffen hat. Dennoch blickt Christus unverändert streng aber auch die Welt mit offenen Armen empfangend in die Weite.

Tagesdaten: 78,63 Km; 06:32:41 Std. Fz.; 12,01 Km/h; 166 Hm

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