7. Tag (11. Juli 2021): Fontaneradweg – Von Gransee nach Neuglobsow

von 17. Juli 2021Aktuelles

Ich habe trotz meines Ärgers über das Zimmer einigermaßen gut geschlafen. Um 10 nach 8 Uhr stehe ich vor der verschlossenen Tür des ehemaligen Restaurants meiner Herberge. Als ich klopfe kommt nach einiger Zeit eine beleibte Dame und öffnet mir und prustet mir entgegen, dass sie bei all ihrer Arbeit ganz vergessen habe die Tür aufzuschließen. Schöner Morgenempfang. Das Frühstück wird einem serviert. Auf einem sehr üppigen Teller mit mehreren Wurstsorten, Käse in allen Varianten, Tomaten, Joghurt, Marmeladen usw. Es ist selbst für mich zu viel. Ein Ei bekommt man dann noch ungefragt auf den Platz gestellt. Ich habe den Eindruck, dass man hier mit der wirtschaftlichen Führung eines Hotels nicht so ganz vertraut ist, denn weiterverwenden, was übrigbleibt, darf man ja wohl nicht.

Nachdem Frühstück und nachdem ich bezahlt habe, bewerte ich noch auf dem Fragebogen, der im Zimmer ausliegt und meine Bewertung fällt natürlich negativ aus. Ob ich kontaktiert werden möchte? Ich stelle es anheim. Dann packe ich meine Sachen. Während ich mein Fahrrad aufsattle treffe ich die junge Frau und ihre Familie wieder, die mir gestern aus der Patsche geholfen hat. Ich bedanke mich noch einmal und sie winkt wieder verständnisvoll ab. Dann kommen wir ins Gespräch. Die Familie kommt aus Neukölln. Sie sind mit ihren beiden Kindern Livia, etwa fünf bis sechs Jahre, und Nora, etwa zwei bis drei Jahre, wenn ich richtig erinnere für zwei Wochen auf einer Städtetour durch Brandenburg. Sie fährt ein normales Tourenrad, er ein Elektrolastenrad, in dem die Kinder transportiert werden. Ein kleines Fahrrad für Livia ist auch noch mit dabei. Sie absolvieren am Tag so fünfzig Kilometer und Livia fährt auch schon so um die 10 Kilometer mit ihrem Fahrrad mit. Schon der Gedanke an einen solchen Transport mit Kindern löst bei mir Ängste aus. Aber Hannes und Melani machen wie viele junge Eltern einen höchst gelassenen Eindruck im Umgang mit ihren Kindern. Während wir so miteinander plaudern, sammelt Livia einige Blütenblätter vom Rasen und überreicht sie mir ganz stolz. Ich bin etwas verlegen, weil ich nicht weiß, wo ich sie hin tun soll. Ich bedanke mich aber artig und deponiere die Blätter im Getränkehalter meiner Lenkertasche. Livia scheint es zufrieden zu sein. Sie wollen heute weiter nach Templin, fahren also in die entgegengesetzte Richtung. Dafür können sie mir aber mitteilen, dass ich mit meinen Unterkünften in Rheinsberg und Neuruppin eine gute Wahl getroffen habe. Hier waren sie nämlich schon in den vergangenen Tagen. Auch sie waren übrigens hier mit dem Landlust Hotel ob des Preises und der Qualität höchst unzufrieden. Dann verabschieden wir uns und als ich unterwegs bin bedaure ich es doch, dass ich kein Foto von den vieren gemacht habe. Aber leider ist es ja nicht so mein Ding, Personen zu fotografieren.

Nachdem ich aufgepackt habe und wir den Erfahrungsaustausch unter Radreisenden beendet habe, fahre ich zunächst noch einmal zum Luisendenkmal und mache noch einige Fotos, heute bei besserem Licht. Dann geht es noch einmal die sieben Kilometer zurück nach Meseberg, weil ich gelesen habe, dass man von der anderen Seite des Huwenowsees noch ganz schöne Fotos hinbekommt. Das ist zwar richtig, aber hier scheint mir die Sonne zu der Zeit entgegen. Die Bilder habe ich dann etwas aufgehübscht.

Danach geht es noch einmal zurück nach Gransee, wo ich noch entlang der altern Stadtmauer fahre, die die Altstadt noch heute zu Dreivierteln umschließt. Schließlich besuche ich auch noch die Marienkirche. St. Marien ist die evangelische Stadtkirche in Gransee und war vor ihrer Umpatrozinierung (so heißt das wohl wirklich) eine Jakobikirche. Die unter Einbeziehung von Teilen eines im 13. Jahrhundert errichteten Vorgängerbaus ab dem dritten Viertel des 14. Jahrhunderts aus Backstein errichtete Hallenkirche beherrscht mit ihren beiden ungleichen Turmspitzen die Silhouette der Stadt. Der Innenraum der Kirche ist sicher sehenswert, aber Besonderes hat er nicht zu bieten. So bleibt es dabei, dass Gransee außer dem Luisendenkmal, der Kirche St. Marien, der Stadtmauer und dem dazugehörenden Ruppiner Tor nichts Sehenswertes oder Wesentliches zu bieten hat. Mit dieser Erkenntnis verlasse ich die Stadt.

Die heutige Tour ist nicht sonderlich lang, knapp 30 Km liegen vor mir. Es geht auch zumindest bis Zernikow über eine weitgehend ebene märkische Landschaft, die sich durch Wälder aber auch landwirtschaftliche Nutzung auszeichnet. Einige Kilometer führen sogar auf einer alten Bahntrasse entlang. Das sind die Radwege, die ich am meisten liebe, weil man hier in der Regel sehr gut voran kommt.

Einziges Zwischenziel ist heute Zernikow. Das Gut zeigt, dass man sich in Brandenburg schon immer kreativ austoben konnte. Nach diversen anderen Besitzern erwarb Kronprinz Friedrich 1737 das Gut Zernikow und schenkte es 1740 seinem Vertrauten und Diener Michael Gabriel Fredersdorff. Dieser erweiterte das Gut, wobei das Gutshaus 1746 nach Plänen aus Knobelsdorffs Baubüro entstand. Fredersdorf baute das Gut zu einem Musterbetrieb aus und tat etwas Außergewöhnliches: Er züchtete Seidenraupen. Um deren Ernährungsgrundlage zu sichern ließ er 1747 eine Maulbeerplantage anlegen und 1751, neben weiteren Alleen, auch die heute noch vorhandene denkmalgeschützte Maulbeerallee.

Allerdings starb Fredersdorf bereits 1758. Dies führte, dass sich in Zernikow ein neuer Stammbaum entwickelte, dessen Bedeutung über Zernikow hinaus wirkte. Fredersdorff hatte 1750 die Erbin des Bankiers Gottfried Adolph Daum, Caroline Maria Elisabeth Daum (1730–1810) geheiratet, und diese wiederum nach Fredersdorffs Tod 1760 Johann Freiherrn von Labes (1731–1776). Beide bekamen zwei Kinder, von denen eine Amalie Karoline von Labes (1761–1781) hieß. Amalie Karoline von Labes heiratete 1777 Joachim Erdmann Freiherr von Arnim (1741–1804); die gemeinsamen Kinder waren Carl Otto genannt Pit von Arnim (1779–1861) und der spätere romantische Dichter Ludwig Achim (1781–1831) verheiratet mit Bettina von Arnim (* 4. April 1785 in Frankfurt am Main; † 20. Januar 1859 in Berlin). Die Mutter Achim von Arnims starb nur wenige Wochen nach seiner Geburt, so dass er seine Kindheit und Jugend zusammen mit seinem älteren Bruder Carl Otto bei seiner Großmutter Caroline von Labes in Zernikow verbrachte.

Nun sind es nur noch wenige Kilometer bis Neuglobsow. das Dorf liegt direkt am Stechlinsee und ich habe in der Pension Stechlinsee ein Zimmer gebucht. Die Pension ist einfach aber die Zimmer haben eine ordentliche Größe ( Ich schätze ca. 20 qm) und sind sehr funktional mit Schreibtisch und ausreichenden Schränken eingerichtet. Ansonsten geht es hier sehr locker zu. Tagsüber ist ein kaltes Buffett aufgebaut, von dem man sich bedienen kann, man kann sich auch ein Bier selbst zapfen oder andere Getränke nehmen. Das Ganze, was man dann zu sich nimmt, bezahlt man in eine Kasse des Vertrauens, indem man in ein Buch notiert, was man genommen hat. Nach den Eintragungen wird dann abgerechnet. Der Besitzer der Pension erzählt mit, dass er damit keinerlei schlechte Erfahrungen gemacht hat. Na dann!

Abends kehre ich im Fontanehaus ein und gönne mir eine Soljanka und zwei überbackene Camembert, heute also fast vegetarisch. Danach geht es noch einmal zum See, wo ich in einen wunderschönen Abendhimmel schaue.

Tagesstrecke 46,65 Km

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