37. – 45. Tag (26. Juli bis 3. August 2018): Sankt Petersburg

Heidrun ist gut hier in Sankt Petersburg angekommen. Die Fahrt zum Flughafen mit der U-Bahn und dem Bus verlief ebenso unproblematisch. Der Flugplatz wirkt für eine Fünf-Millionen-Stadt recht überschaubar. So konnte ich Heidrun auch gut in Empfang nehmen. Die Fahrt ins Hotel war dann wieder unproblematisch. Beeindruckend ist allerdings die Metro in Sankt Petersburg. Wegen des instabilen Sumpfgeländes, auf dem Sankt Petersburg errichtet wurde, war es natürlich auch schwierig hier den Untergrund mit Tunneln zu durchziehen. Das hat dazu geführt, dass die Metro in Sankt Petersburg heute die tiefste der Welt ist. So haben die Stationen eine Tiefe von durchschnittlich 50 bis 75 Metern, die tiefste Station, die Admiralteiskaja, liegt sogar 102 Meter unter der Erde. Insofern sind die Wege zu den Stationen über mehrere hundert Meter lange Rolltreppen schon ein Erlebnis.

Heidrun ist mit unserem Apartment im Atrium Hotel auch sehr zufrieden. Es ist wirklich sehr praktisch und schön, hat etwa eine Größe von 60 qm mit einem großen Schlafzimmer, einer ebenso großen Wohnküche, die gut ausgestattet ist, einem sehr großen Bad und einem ebenfalls sehr großen Flur, wo ich auch mein Fahrrad, ohne dass es stört, abstellen kann. Was aber auch sehr schön ist, ist die Ruhe, obwohl wir gerade einmal 100 Meter vom Newsky Prospekt, der zentralen Einkaufs- und Flaniermeile von Sankt Petersburg entfernt wohnen. Das liegt vor allem daran, dass das Apartment in einem Zwischengebäudeflügel in einem Hinterhof liegt.

Am Donnerstag richten wir uns erst einmal ein. In den folgenden Tagen gehen wir dann auf Erkundungstour. Dabei liegt zunächst erst einmal die historische Innenstadt u. a. mit ihren 2.300 Palästen im Zentrum unseres Interesses. Sie gehört seit 1991 auch zum UNESCO Weltkulturerbe. Heidrun und ich erlaufen uns die Stadt in den Tagen unseres Aufenthalts, machen aber auch mehrere Stadtrundfahrten und eine Bootsfahrt. Einige Ausflüge unternehmnen wir auch in die berühmten Sommerresidenzen der Zaren wie Peterhof und Zarskoje Selo, wo sich der Katharinenpalast und der sehenswerte Katharinenpark befinden. Schließlich haben wir noch mit dem Tag der Kriegsmarine ein großes Fest in Sankt Petersburg miterlebt. Die Besichtigung von Palästen und Museen haben wir vermieden, weil schon manchmal die Schlangen vor den Kassen abschreckend genug waren und Heidrun auch große Museen eher abschrecken, was ich zunehmend nachvollziehen kann. Dennoch gab es insgesamt genug zu sehen und unsere Tage waren randvoll ausgefüllt und wir glauben einen sehr guten Eindruck von Sankt Petersburg gewonnen zu haben.

Was uns auffällt ist, dass Sankt Petersburg eine sehr lebendige Stadt ist. Es herrscht ein reges Leben auf den Straßen und Plätzen. Sicher ist auch einiges dem gerade für hiesige Verhältnisse extremen Wetter geschuldet. Während der gesamten Zeit unseres Aufenthaltes scheint die Sonne 16 Stunden am Tag und die Temperaturen liegen zwischen 27 und 30 Grad. Das ist auch für Sankt Peterburg extrem. Viel Leben spielt sich derzeit auf den Straßen ab. Verstärkt wird das auch dadurch, dass gerade Hauptsaison ist und viele Touristen Sankt Petersburg überfluten. Von den ausländischen Touristen sind es insbesondere Asiaten, die wir leider schlecht länderspezifisch zuordnen können, die die Stadt bevölkern. Sie haben meistens zum Sonnenschutz Regenschirme aufgespannt, die einen manchmal ganz schön die Sicht behindern und sind auch gelegentlich in ihrem touristischen Enthusiasmus etwas rücksichtslos.

Geht man aber auch einmal abends durch die Stadt, kann man auch das bunte Treiben der Russen erleben. Vor allem auf dem Newski Prospekt spielen Bands und um sie herum herrscht ein fröhliches Treiben. Es wird getanzt, mitgesungen, geschunkelt und viel gelacht. Die öffentlichen Grünanlagen werden nicht geschont, sondern zum Sitzen und Flanieren genutzt. Es scheint auch nicht verboten zu sein und es stört sich auch keiner daran. Es wird dabei weder gegrillt noch Alkohol konsumiert. Der Genuss von Alkohol scheint in Russland in der Öffentlichkeit verboten zu sein.

Sicher gibt es in einer Millionenstadt wie Sankt Petersburg Sicherheitsvorkehrungen. Hier wird vieles elektronisch und digital erledigt. Die Stadt ist nicht durch uniformierte Polizisten oder Militärs geprägt, aber die öffentlichen Straßen, Gebäude und Plätze werden sichtbar mit Kameras überwacht. Überhaupt scheint Russland uns im digitalen Bereich einiges voraus zu haben. Freies WLAN gibt es fast überall. Für uns etwas lästig, dass man sich oft mit einer russischen Telefonnummer anmelden muss. Auch sonst läuft vieles leichter elektronisch ab als bei uns. Aber es gibt auch eher Befremdliches. Zu den Grünanlagen gibt es meist nur einen Zugang, was oft etwa lästige Umwege erfordert. Auch ist Sankt Petersburg nicht sonderlich fußgängerfreundlich. Fußgängerüberwege gibt es eher selten und sie liegen weit auseinander und erfordern ebenfalls oft Umwege.

Sankt Petersburg macht auch einen sehr sauberen Eindruck. Manches Haus ist zwar noch sanierungsbedürftig, aber viel überraschender ist, was sich hier schon getan hat. Dass gilt sowohl für die öffentlichen Bauten und Kulturstätten als auch für die Wohnbebauung. Es gibt moderne Bettenburgen rund um Sankt Petersburg, aber auch alte sanierte und natürlich auch immer noch einen unsanierten Anteil.

Heute hatten wir zum Schluss noch ein sehr negatives Erlebnis. Wir waren auf dem Rückweg in unser Quartier und plötzlich reagierte Heidrun sehr heftig und schrie: Dein Rucksack ist ja auf! Danach driftete ein Gruppe wie Touristen aussehende Männer, die hinter uns gingen, auseinander und ich nahm sofort den Rucksack ab. Heidrun hatte auch im Augenwinkel Gott sei Dank erkannt, dass einer der Männer mit einem Stadtplan direkt über meinem Rucksack hantierte. Wir waren heilfroh, dass Heidruns Intervention Schlimmeres verhindert hatte. Es war nichts entwendet. Aber es war wieder einmal ein Lehre. Fairerweise muss man natürlich sagen, dass einem so etwas überall auf der Welt passieren kann.

Insgesamt sind wir von Sankt Petersburg begeistert und beeindruckt und haben uns in die Stadt verliebt. Wer hier das Leben erlebt, wird wie wir an seinem bisherigen Russlandbild wie es bei uns derzeit geprägt wird, erhebliche Zweifel bekommen. Natürlich ist Sankt Petersburg nur ein kleiner Teil von Russland und natürlich ist ein so riesiges Land wie Russland sehr vielschichtig. Tatsache ist aber auch, dass es lohnenswert ist, sich mit diesem Land zu beschäftigen, sich ihm zu öffnen und vor allem es wieder stärker in die weltpolitischen Entscheidungs- und Wirtschaftsstrukturen einzubeziehen. Wer glaubt, Russland mit Wirtschaftssanktionen in die Knie zwingen zu können, wird sich letztlich als Narr erweisen.

Um diesen Bericht nicht zu überfrachten, will ich es hier erst mal dabei belassen. Morgen werden wir uns aus St. Petersburg verabschieden. Heidrun fliegt mit dem Flugzeug zurück nach Leipzig und ich werde mit dem Fahrrad hinterherfahren! Wer mehr mehr über St. Petersburg wissen möchte, den verweise ich auf einen der nachfolgenden Beitrag: Sankt Petersburg: Geschichte(n) – Größe(n) – Dramen und ein Bilderbogen. Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten sind aber bereits hier in einem kleinen Bilderbogen zusammengefasst.

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