34. Tag: (11. April 2024) – Von Longueil nach Le Tréport

Tagesstrecke: 51 Km; 11,8 Km/h; 530 Hm

Wieder einmal ein recht trostloser Tag. Schon das Frühstück war enttäuschend. Es gab nur Marmelade zum Baguette. Aber auch ansonsten habe ich nichts Erfreuliches zu berichten. Entgegen den Wetterprognosen blieb es ein sehr grauer und regnerischer Tag, obwohl gar kein Regen vorausgesagt war. Erfreulich, der Wind ist nach wie vor mir recht wohlgesonnen und nicht mehr so aggressiv wie in den letzten Wochen. Auf meiner Tour hatte ich aber die ganze Zeit Regen. Es war zwar nur Nieselregen, aber auch hier gibt es unterschiedliche Intensitätsgrade und er kann einen auf die Dauer auch durchweichen. Was bleibt ist, dass ich weitere 50 Kilometer vorangekommen bin und einige schöne Blicke auf die Klippen hatte. Zunächst muss ich wieder ca. 100 Meter die Klippen hinauf in die sogenannten Plains fahren, die ich als Hochebene bezeichnen würde. Inzwischen habe ich mich an dies Auffahrten gewöhnt, auch wenn sie viel Zeit rauben.

Dann muss ich aber schon nach 10 Kilometern wieder runter an den Strand, um einen schönen Blick auf die Klippen zu haben. Auch hier in Hautot-sur-Mer darf ich aber noch nicht auf die Strandpromenade, weil die Straßenreinigung gerade dabei, ist die Promenade von den Sturmschäden vorgestern zu reinigen. Nachdem ich mir in einer Boulangerie mein inzwischen schon traditionelles Mittagsmahl gekauft habe, Baguette mich Jambon und Fromage, geht es wieder die Klippen hoch und nach etwa fünf Kilometern wieder runter und ich bin in Dieppe.

Die Stadt müsste heute eigentlich mein Highlight sein. Ich kann der Stadt aber wenig abgewinnen. Eigentlich sieht sie wie eine heruntergekommene Industriestadt aus. Das kann natürlich auch an dem fehlenden Sonnenschein liegen. Aber viele Gebäude sehen schon sehr restaurierungsbedürftig aus und auch die Einwohnerentwicklung spricht dafür, dass es hier einen wirtschaftlichen Einbruch gegeben hat. Während die Stadt 1990 noch fast 36 Tsd. Einwohner hatte, ist sie heute auf etwas über 28 Tsd. geschrumpft. Ein Phänomen, was ich aber schon in einigen Städten der Normandie feststellen konnte. Woran das lag habe ich bisher noch nicht herausgefunden.

1848 wurde die Eisenbahnstrecke von Paris nach Dieppe eröffnet. Zur Zeit Napoléon III. wurde Dieppe auch dadurch der erste mondäne Badeort Frankreichs nach dem Vorbild des englischen Seebades Brighton. Sowohl die Bahn von Paris als auch die Fähren von Newhaven brachten Badegäste nach Dieppe. Das magische Licht in der Gegend, ich habe keins gesehen, lockte viele Künstler an. Die Impressionisten Camille Pissarro und Eugène Delacroix waren die ersten Maler, die Dieppe für sich entdeckten. Ihnen folgten Eva Gonzalès, Ernst Oppler und andere. Auch den naturalistischen Schriftsteller Guy de Maupassant zog es an diesen Ort. Als Léon Blums Volksfront 1936 das Urlaubsentgelt einführte, nahm der Tourismus in Dieppe noch einmal einen Aufschwung.

Die Burg Dieppe von 1433 beherbergt heute das Stadtmuseum. Dieses behandelt die Stadtgeschichte, das Kunsthandwerk, besitzt Elfenbeinschnitzereien, Militaria und eine Gemäldesammlung (u. a. von Georges Braque und zwei Bilder von Pierre-Auguste Renoir). In der Stadt befinden sich mehrere Kirchengebäude, so die gotische Kathedrale Saint-Jacques und die Kirche Saint-Rémy aus dem 16. und 17. Jahrhundert.

Dieppe ist nach wie vor ein bedeutender See- und Fischereihafen und verfügt über einen Yachthafen mit 500 Liegeplätzen. Angeliefert werden hauptsächlich exotische Früchte wie Bananen und Ananas. Täglich gibt es bis zu vier Verbindungen mit der Autofähre nach Großbritannien. Die Stadt liegt circa zwei Autostunden von Paris entfernt und ist vor allem an Wochenenden ein beliebtes Ausflugsziel für die Pariser Bevölkerung. Schließlich hat noch die Sportwagenfirma Alpine, von der ich vorher noch nichts gehört hatte, ihren Sitz in Dieppe.

Die Burg und auch die Kirche Saint Jacques sind sicher ansehenswert und auch der Blick auf die Klippen ist einmalig. Aber sonst kann ich der Stadt wenig abgewinnen. So ziehe ich denn weiter und wieder geht es erst einmal bergauf. Oben in den Plains wird es auch nicht interessanter. Die schönen Landschaftsblicke von gestern fallen heute aus. Man sieht einfach nichts, weil Wolken bzw. Nebel so tief hängen, dass sie die Landschaft verschlucken. In dem kleinen Ort Criel-sur-Mer mache ich noch einmal ein kurzen Stopp am Rathaus, weil es mit ihm eine besondere Bewandtnis hat. Die Ende des 16. Jahrhunderts erbaute Villa Briançon wurde 1686 von Anne Marie Louise von Orléans, der sogenannten Grande Mademoiselle, gekauft, um dort ein Waisenhaus zu errichten. Renoviert, bis 1955 in ein Hospiz umgewandelt, wurde es Ende des 20. Jahrhunderts restauriert und beherbergt heute das Rathaus und Wechselausstellungen. Als Rathaus macht es einen zwar etwas altertümlichen aber durchaus repräsentativen Eindruck.

Dann geht es wieder auf und ab nach Le Tréport. Die Stadt mit ihren etwa 4.400 Einwohnern hat als werbewirksamen Superlativ die höchsten Kreidefelswand Europas, die bis zu 110 Meter hoch sein soll. Ansonsten war Le Tréport nicht gerade vom Glück begünstigt. Die Stadt liegt in einer Lücke der Felsenküste und ist stellenweise regelrecht eingezwängt zwischen Meer und Felsen. Oberhalb der Küstenfelsen der Stadt sollte vor dem Ersten Weltkrieg eine größere Stadt für den Fremdenverkehr entstehen. Damals entstand dort ein erstes Hotel. Der Erste Weltkrieg machte die Pläne zunichte. Heute steht auf diesem Gebiet eine moderne Wohnsiedlung. Aus der Zeit kurz nach der Jahrundertwende stammen auch die Reste einer Standseilbahn, die durch einen Tunnel quer durch die Kreidefelsen vom Strand zur Hochebene führte. Die 1908 eröffnete Standseilbahn Funiculaire du Tréport führte vom Ort auf das Plateau über den Kreidefelsen. Sie erwies sich bereits nach dem Ersten Weltkrieg als wenig rentabel und wurde nach 1945 nicht wieder in Betrieb genommen. 2006 wurde auf ihrer Trasse ein erster Schrägaufzug errichtet und 2008 erweitert. Sehenswert ist seine Führung in einem Tunnel, der mit einem doppelten Portal in die Felswand führt.

Der Tourismus ist der vorherrschende Wirtschaftszweig. Die Stadt ist durch ihre zahlreichen Fischrestaurants bekannt. Als herausragendes Gebäude sticht hier insbesondere die Kirche Saint-Jacques ins Auge, deren Ursprünge ins 14. Jahrhundert zurückgehen, und die wie ein Glucke über der Stadt thront.

Meine Unterkunft ist heute ein kleines Appartement im Zentrum der Stadt. Abends esse ich mal wieder eine Pizza in einem nahegelegenen Lokal und dann reicht es für heute.

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