Ich war mit meiner Unterkunft nicht sehr unzufrieden. Es war ein Privatzimmer. Außer einem Bett gab es eigentlich nichts. Auch keine Handtücher. Auf meine Bitte hin wurde mir eins gereicht. Allerdings schon benutzt. Aber egal, es drängt mich auf jeden Fall schon recht früh das Haus zu verlassen. So kam ich bereits gegen 8 Uhr weg. Der Himmel war wolkenlos und es versprach ein sehr schöner Tag zu werden. Zunächst musste ich aber über die Pont St-Nazaire. Solche Brücken flößen mir immer im Vorhinein einen gehörigen Respekt ein und lassen mich eher unruhig schlafen. Wenn ich dann drauf bin ist alles halb so schlimm. So auch heute. Die Brücke ließ sich eigentlich relativ entspannt fahren und die Blicke von da oben waren schon phantastisch. Die kürzere Strecke geht es bergauf, die längere bergab. Auch war es ganz praktisch, die Brücke an einem Samstagmorgen zu fahren. Der Verkehr war auf jeden Fall noch relativ spärlich.

In St-Brevin auf der anderen Seite der Loire fuhr ich dann zum Ausgangspunkt des Eurovelo 6, den ich ja nun schon gut kenne. Von hier ging es dann weiter Richtung Nantes. Nett ist der Rückblick auf ein großes Frachtschiff mit der Aufschrift „Airbus 380 on board“, was deutlich macht, dass auch Airbus hier produziert und die Erzeugnisse dann mit dem Schiff nach Toulouse zur Endmontage transportiert werden. Es ist schon ein riesiger logistischer Aufwand für dieses europäische Projekt. Aber Europa ist eben noch schwerfällig.

Der Weg führt dann zunächst fast 40 Kilometer südlich der Loire durch eine leicht hügelige Wiesen- und Weidenlandschaft. Wieder habe ich viele französische Kühe gesehen.  Dann geht es sicher fast 20 Kilometer entlang eines Kanals, der allerdings weniger von Schiffen denn von Anglern frequentiert wird. Am nördlichen Ufer sind dagegen viele Industrie- vor allem Chemieanlagen. Einziger größerer Ort, den ich passiere ist Paimboeuf, den man sich vielleicht hätte etwas länger anschauen können. In Le Pellerin geht es dann mit einer Autofähre wieder hinüber auf das nördliche Ufer der Loire.

Dann sind es nur noch 15 Kilometer bis nach Nantes und die Fahrradwege werden immer besser. Nantes. Nantes ist eine der zehn größten Städte Frankreichs. Sie scheint sehr radfahrerfreundlich zu sein. Die Fahrradstreifen werden immer breiter und schließlich nehmen sie die Hälfte der Fahrbahn auf den großen Boulevards in Nantes ein und zwar in der Mitte! Mein Hotel liegt erfreulich zentral, nur fünf Minuten zu den beiden Hauptsehenswürdigkeiten, der Kathedrale und dem Schloss der Fürsten der Bretagne. Schließlich sollte man zumindest erwähnen, dass in Nantes auch Jules Verne, der berühmte französische Schriftsteller und einer der wenigen, die noch heute gelesen werden, 1828 geboren wurde.

Nach dem Einchecken mache ich dann einen Spaziergang durch die Stadt. Meine wichtigsten Ziele sind natürlich das Schloss und die Kathedrale. Beides sind imposante Bauwerke. Wichtiger ist aber noch, dass Nantes seine bretonische Tradition pflegt, denn immerhin war diese Stadt mehrere Jahrhunderte die Hauptstadt der Bretagne. Hierzu gäbe es natürlich noch viel zu erzählen. Aber das lasse ich an dieser Stelle. Es würde den Bericht sprengen.

Zu erwähnen ist aber in diesem Zusammenhang Anne de Bretagne, eine höchst ungewöhnliche Frau. Sie war Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts Herzogin der Bretagne. Sie heiratete zunächst den römisch-deutschen König und späteren Kaiser Maximilian I. Als die Ehe nicht vollzogen wurde heirate sie einfach den französischen König Karl VIII. und da man im Ehevertrag festgelegt hatte, dass sie nach dem Tod ihres Gatten nur wieder einen französischen König heiraten durfte, heiratete sie nach Karls Tod, dessen zum König aufgestiegenen Cousin Ludwig XII. Das Ganze war natürlich hohe Politik und hatte mit Zuneigung wenig zu tun. Eigentlich wollte Anne der Bretagne möglichst viel Unabhängigkeit garantieren. Letztlich wurde daraus nur eine Verzögerung der Übernahme der Bretagne durch Frankreich. Anne starb bereits 1514 mit 37 Jahren, wodurch die Bretagne an Frankreich fiel, weil ihr Ehemann sie, wenn auch nur für ein Jahr, überlebte.

Tagesdaten: 66,10 km; 4:52:20 Fz; 13,56 km/h; 177 Hm

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