Heute also das Donaudelta erkundet. Es war ein wunderschöner Tag, strahlend blauer Himmel und Temperaturen um die 20 Grad. Unser Vermieter brachte uns zum Hafen und zu den Booten. Offensichtlich ist er nur der Vermittler. Die Bootsführer und später dann die Safarifahrer sind die Unternehmer, bei denen man dann bar und ohne Rechnung hinterher bezahlt wie man das ja auch aus anderen Ländern kennt. Es kamen etwa zwanzig Personen zusammen, die sich auf zwei Boote verteilten. Die Boote waren größere Ruderboote mit Außenmotor. Ich konnte zum Glück einen Platz auf der vorderen Bank ergattern und hatte deshalb gute Sicht. Ich hatte den Eindruck, dass außer mir, alles Rumänen an Bord waren. So wurden natürlich auch die Erklärungen nur auf Rumänisch gegeben. Es hatte aber auch niemanden interessiert, ob eventuell jemand ohne Rumänisch Kenntnisse an Bord sei. Meine Sitznachbarn, ein rumänisches Pärchen, das auch hier in der Pension meine Zimmernachbarn sind, sprechen etwas Englisch und versuchten mich daher mit dem Wichtigsten auf dem Laufenden zu halten.
Die Fahrt führte dann erst einmal schräg über die Donau und dann in einen der Kanäle nach Norden. Das Donaudelta ist von Tausenden Kanälen, Flüssen und Bächen durchzogen. Zu 87 Prozent besteht es aus Sumpfgebiet, meistens schon am Schilfrohr erkennbar. Aber es gibt auch festes Schwemmland auf dem sich kleine Gehöfte, oft auch schon verfallen, weidende Kuhherden, Schaf- und Ziegenherden, die oft von einem Cowboy hoch zu Ross begleitet, betreut und in Schach gehalten werden. Auch sieht man häufig Wildpferde oder verwilderte Pferde. Das Gebiet, durch das wir fuhren, zeichnete sich nicht durch Getreidewirtschaft, sondern durch Viehwirtschaft aus. Im westlicheren Teil des Deltas soll es aber auch Getreidewirtschaft geben. Vögel konnte man auf der Tour leider weniger beobachten, weil ein Motorboot natürlich genauso eine Vogelscheuche ist wie mein Fahrrad. So musste ich mich wieder mit gezoomten Fotos begnügen, bei denen ich dann erst bei der Auswertung hier in der Pension, feststellen konnte, ob sie überhaupt etwas geworden waren und was ich überhaupt aufgenommen hatte.
Die Bootsfahrt führte uns nach Letea und von da ging es mit umgebauten und mit Sitzen ausgestatteten Transportern über ungepflasterte Wege weiter über C.A. Rosetti mit seinem eindrucksvollen Kirchenensemble bis zum Letea-Wald. Die Fahrweise des Fahrers ist so, dass es eigentlich unmöglich ist zu fotografieren. Wenn man ein Motiv überhaupt vor die Linse bekommt, benötigt man mindestens 20 Bilder, um ein Brauchbares zu bekommen. Ich habe daher zum ersten Mal bei der Auswertung der Bilder fast die Hälfte gelöscht. Fotostopps kennen die Reiseunternehmer hier offensichtlich noch nicht und die rumänischen Touristen fordern sie wohl auch nicht ein, sondern versuchen mit ihren Handys und auch einigen Fotoapparaten das Beste draus zu machen.
Am Letea-Wald machten wir einen Stopp und durften mit einem Führer in den Wald und zu den Dünen gehen. Es war ein kleiner Gang von etwa einem Kilometer. Aber es tat trotzdem ganz gut, die Füße wieder einmal zu bewegen. Der Landstreifen Letea ist die größte maritime Sandbank im Donaudelta. In den Mulden der Dünen, wo das Grundwasser nahe an der Oberfläche ist, hat sich eine reiche Humusschicht gebildet, auf der dann Wälder wachsen konnten. Auf einem Holzsteg steigen wir durch den sumpfigen Wald, um zu den Dünen zu gelangen. Nach einem kurzen Verweilen geht es wieder zurück zu den Autos. Der Betrieb ist übrigens beträchtlich. Sicher fünf oder sechs dieser Transportkutschen stehen auf dem Anfahrtsplatz. Allerdings scheint Sulina an diesem Wochenende, dass auch in Rumänien wegen des 1. Mai ein verlängertes Wochenende ist, von einheimischen Touristen überlaufen.
Wir ruckeln dann wieder zurück zu den Booten. Von dort geht es nun wieder auf dem Boot zurück nach Sulina. Allerdings fahren wir nun noch in eine Bucht des Schwarzen Meeres hinein und über diese hinweg nach Sulina zurück. Hier gibt es dann auch noch einige Begegnungen mit Vögeln, unter anderem auch mit Pelikanen. Sehr schön sind auch die Blicke auf Sulina, die man von hier aus hat. So kann man auch den alten Leuchtturm erkennen und hat auch sehr schöne Blicke auf die doch sehr sehenswerte Kathedrale Sf. Nikolaus und Alexander.
Insgesamt kann man sagen, hat die Fahrt einen schönen Eindruck zum Donaudelta gegeben. Viel Neues erfährt man natürlich nicht und auch die Pflanzen- und Artenvielfalt bekommt man auf einer solchen Tour bestenfalls bruchstückhaft mit. Wen das dann tatsächlich interessiert, der ist wahrscheinlich bei Wikipedia besser aufgehoben als in den Booten und Autos. Der Artikel über das Biosphärenreservat Donaudelta ist nämlich mit ausgesprochener Akribie geschrieben. Er bringt so viele Details, das es schwerfällt die Zusammenhänge im Überblick zu behalten.
Damit geht nun meine Reise von Belgrad ans Schwarze Meer zu Ende. Morgen werde ich zurück nach Tulcea fahren und von da an in den Rückreisemodus schalten.