17. Tag: 25. April 2019 – Villers-sur-Saulnot

von 25. April 2019Aktuelles

Das Quartier in Thann war einfach aber wirklich sehr ansprechend. Die Hausdame hatte auch für das Frühstück gesorgt. Es war natürlich Französisch: 1/2 m Baguette, ein großes und schweres Milchbrötchen, Frischkäse, Butter und Marmelade sowie Kaffee und Orangensaft. Das ganze wie immer einzeln verpackt und damit besonders umweltschonend. Natürlich muss ich mich erst mal an das franz. Frühstück wieder gewöhnen, aber ich erinnere mich, dass mir das beim letzten Mal schon ganz gut gelungen ist. Immerhin kann man von dem halben Meter Baguette in der Regel den ganzen Tag zehren. Gesellschaft habe ich während des Frühstücks in der Gemeinschaftsküche mit einer deutschen Familie aus Freiburg, die mit zwei Teenagern zum ersten mal ausprobieren, einige Pilgerstrecken zu erwandern. Die Frau hatte den Jakobsweg in Spanien schon vor einigen Jahren gemeistert und ist dementsprechend sehr an meinem Vorhaben interessiert, während ich mich für ihre Erfahrungen mit Pilgerherbergen interessiere. Offensichtlich lag der Familie das Wandern mehr als das Fahrradfahren wie sie mehrfach betonten. Ferner frühstückte noch eine Frau mit ebenfalls ihren beiden Teenagern, die aus Grenoble kam aber in Thann geboren war und nun zusammen mit ihren Kindern ihren Vater hier besuchte.

Nach dem Frühstück gelingt es mir dann ein Quartier für heute Abend telefonisch zu buchen. Die Unterkunft in Villers-sur-Saulnot soll recht einfach sein, aber für 56 € mit Abendessen und Frühstück sicher ein angemessener Preis. Der ebenfalls in meinem Outdoorführer angegebene Schlafsaal, der preislich natürlich noch erheblich günstiger wäre, wird wohl nicht mehr betrieben bzw. wird zur Zeit nicht angeboten, weil noch zu wenige Pilger unterwegs sind.

Gegen 9:00 Uhr komme ich dann los.Das Wetter ist recht ordentlich. Inzwischen scheint die Sonne wieder und der Himmel bleibt heiter bis wolkig. Es ist etwas kühler geworden aber im Laufe des Tages sollen die Temperaturen wieder bis 20° steigen. Thann liegt am Rande der Vogesen. Es geht gleich ziemlich bergauf zu einer so genannten Panoramastraße, die ihren Namen allerdings alle Ehre macht. Nach dem Regen der vergangenen Nacht ist die Luft nun gereinigt und die Sicht ist von hier oben fantastisch. So sieht man einen Nebelschleier über der oberrheinischen Tiefebene liegen und dahinter die Berge des Schwarzwaldes aus dem Nebel auftauchen. In Richtung Süd-Osten kann man wohl bis in die Schweizer Alpen sehen. Auf jeden Fall müssen die schemenhaften Bergmassive zu den Alpen gehören.

Die Strecke ist auf den ersten Kilometern wieder einmal ziemlich herausfordernd, weil es permanent auf und ab geht. Schon nach 20 km habe ich fast 400 Höhenmeter hinter mir. Als ich dann auf die so genannte burgundische Pforte komme, ein etwa 30 km weiter Sattel in 400 m Höhe zwischen den Vogesen und dem Jura, wird es deutlich besser. Auch hier ist es noch leicht hügelig, aber insgesamt lässt es sich sehr angenehm fahren. So komme ich nach 40 km gegen Mittag in Belfort an. Inzwischen bin ich auch nicht mehr im Elsass, sondern in der Franche-Comte. Belfort hat etwa 50.000 Einwohner und ist eine Industrie – und alter Garnisons-Standort. So wird hier etwa der französische TGV gebaut. Die alten Festungsanlagen dominieren das Stadtbild. Ich hatte mir vorgenommen etwa 1 Stunde in Belfort zu verbringen. Zunächst mache ich aber auf dem zentralen Place d’Armes vor dem Hotel de Ville (Rathaus) eine Mittagspause und verzehre die restliche Hälfte meines Frühstücksbaguettes. Leider hat die Touristen-Information bis 14:00 Uhr geschlossen, so dass ich mir keinen Stadtplan mit dem Hauptsehenswürdigkeiten besorgen kann. So bleibt mir nur ein kleiner Rundgang durch das innere Zentrum. Auch die barocke Kathedrale hier auf der Place d‘Armes schaue ich mir noch an. Sehr stark wird hier dem heldenhaften Widerstand gegen die preußische Armee in Krieg von 1870/71 gedacht. Über 100 Tage hat man der Belagerung und den preußischen Versuchen, die Stadt einzunehmen, widerstehen können. Wenn man sich diese Geschichten vergegenwärtigt, wird deutlich, warum die Franzosen die Deutschen nach dieser Erfahrung nicht mehr allzu sehr mochten. Es erklärt uns wahrscheinlich auch, warum es knapp 50 Jahre später zu einem Friedensvertrag wird der Versailler Vertrag kam. Schaut mal noch tiefer in die Geschichte wird man natürlich auch feststellen müssen, dass auch die Franzosen unter Napoleon die Deutschen nicht gerade freundlich behandelt haben. Umso mehr ist die historische Leistung von Konrad Adenauer und Charles de Gaulles zu würdigen, dass es ihnen gelang schon in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhundertsan den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag abzuschließen.

Gegen 14:00 Uhr geht es für mich dann weiter. Die nächste größere Stadt ist lediglich Hericourt. Aber die wieder einmal auf ziehenden Regenwolken treiben mich zu meinem Ziel. Die Landschaft ist insgesamt sehr angenehm, hügelig, landwirtschaftlich bestellt, auch Kühe und Schafe sieht man weiter. Die Vegetation ist noch nicht ganz soweit wie in der oberrheinischen Tiefebene. Dennoch finde ich sie auch hier schon sehr weit fortgeschritten.

Mein heutiges Quartier ist in dem sehr kleinen Dorf Villers-sur-Saulnot und es wirkt etwas alternativ. Es gibt den Eindruck wieder, den ich bei meiner Fahrt durch die Franche-Comte schon die ganze Zeit hatte. Es ist mit Sicherheit nicht die entwickeltste Gegend in Frankreich. Die Dörfer sind noch sehr ursprünglich und wenig renoviert. So auch der Hof, auf dem ich einkehre und der früher wohl die Schmiede des Dorfes gewesen ist. Die Wände sind roh, zum Teil aus Ziegeln, zum Teil aber auch aus Holzbohlen. Die Zwischenräume hat man mit Lehm verkleistert bzw. verputzt. Ein älteres Ehepaar, von denen beide recht gut Deutsch sprechen, empfängt mich. Sein markantes Zeichen ist ein Rauschebart. Die erste Frage, die mir gestellt wird, ist ob ich einen Schlafsack dabei habe. Die Bettwäsche scheint ausgegangen zu sein. Als ich dies bejahte, wird mir einen Preisnachlass von zehn Euro gewährt. Ich bin zufrieden, habe ja auch keine Alternative. Das Abendessen wird auf 20:00 Uhr festgesetzt. Mein Zimmer ist in einem einfach aber auch relativ neuen Gästehaus untergebracht. Auf Heizung hat man wohl verzichtet. So richtig mich ein und bekomme wohl ein Vorgeschmack auf zukünftige Pilgerherbergen.

Bevor ich zum Abendessen gehe habe ich nun auch noch telefonisch die Unterkunft für morgen gebucht. Es ist geglückt, hoffe ich, obwohl die Dame am anderen Ende weder englisch noch deutsch sprach und verstand. Dennoch haben wir uns mit einer Mischung aus Englisch, Französisch und Deutsch verständigt. Ich bekomme also morgen ein Zimmer plus Abendessen und plus Frühstück für 58 €. Dieses Angebot einer Halbpension scheint hier nicht unüblich zu sein, was mich angesichts der bescheidenen gastronomischen Infrastruktur auch nicht sonderlich wundert.

Gegen 20:00 Uhr finde ich mich dann im Haupthaus ein. Es ist schon eingedeckt. Aber das Abendessen lässt auf sich warten. Gegen 20:30 Uhr bekomme ich dann einen Zinnteller mit einem voluminösen Omelette vorgesetzt. Es ist ein Pilz-Omelette und ich bin wirklich sehr angetan. Allerdings gehe ich davon aus dass dies die Hauptspeise ist. So esse ich alles auf und noch einiges vom selbst gebackenen Brot. Als ich fertig bin kommt der nächste Zinkteller, der ebenfalls voll gefüllt ist. Da drauf ein großes Schweinekotlett und mindestens ein Blumenkohlkopf in seine Teile zerkleinert. Da ich beim Essen bekanntlich nicht widerstehen kann, lasse ich mir das Kotelett und einen großen Teil des Blumenkohls auch noch schmecken. Dazu gibt es Rotwein. So finde ich das ganze Ambiente zwar sehr urig aber ich kann mich wahrlich nicht beklagen. So hat dieser Tag noch einen höchst erlebnisreichen Abschluss gefunden.

Tagesdaten: 79,71 Km; 06:29:05 Std. Fz.; 12,29 Km/h; 903 Hm

 

 

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