Wieder ein herrlicher Tag und heute sogar völlig wolkenlos. Mein Wetterapp meint es seien nur 19 Grad gewesen. Meines Erachtens waren es deutlich über 20 Grad. Zumindest habe ich es so empfunden und auch zum ersten Mal meine Sandalen angezogen. Ansonsten ist man gut beraten hier lange Hosen und auch langärmlige Shirts zu tragen, um nicht allzu sehr Opfer der Moskitos zu werden. Inzwischen diesele ich mich morgens mit Moskitoschutz ein und bilde mir ein, dass es hilft. Meine Moskitostiche halten sich in Grenzen. Etwas unangenehm ist mir, dass ich sehr häufig von Pferdebremsen begleitet werden. Aber da sie mir bisher nichts getan haben, habe ich mich an ihre Begleitung gewöhnt und hoffe natürlich, dass das so bleibt.
Meine erste Nacht im Zelt war leider nicht so erfreulich. Ich habe schlecht gelegen und wenig geschlafen. Heute Morgen fürchtete ich schon, dass ich die für heute vorgenommenen 100 Kilometer nach Kuusamo sicher nicht schaffen werde. Zu meinem Erstaunen fühlte ich mich dann allerdings doch fit genug. Ich frühstückte noch in Ruhe und aß Müsli und belegte Brote und trank zwei Tassen Kaffee dazu. Zum Schluss noch einen Apfel, das ist so mein Frühstück, wenn ich auf Selbstversorgung zurückgreifen muss, was ja die letzten Tage zunehmend der Fall war. So gehe ich auch inzwischen jeden Tag einkaufen und man muss drauf achten, wo der nächste Lebensmittelladen ist. Hier ist der neue bikeline für diese Strecke wirklich Gold wert, weil die Angaben zu Lebensmittelgeschäften und übrigens auch zu Campingplätzen recht präzise und aktuell sind. Nach dem Frühstück ging es dann los. Bald traf ich dann ein Rentier, das ich glaube ich schon von gestern kannte. Als ich für ein Foto vom Rad gestiegen war und dann einige Meter entfernt stand machte es sich an mein Fahrrad heran und betrachtete es sich von allen Seiten. Nachdem ich weiterfuhr begleitete es mich in gebührendem Abstand. Allerdings als dann ein Wagen des Rentierparks Salla auftauchte und ein Pfleger mit einem Eimer ausstieg, war ich sofort vergessen und es trabte dem Pfleger hinterher. Wer sagte doch schon so weise: Erst kommt das Fressen …
Die heutige Etappe verlief ähnlich wie die letzten auch. Es geht weiter auf und ab durch Wälder und Auen an Seen und Flüssen vorbei. Einzige Änderung, die Landwirtschaft, die sich derzeit allerdings im Wesentlichen auf Heuproduktion beschränkt, rückt immer mehr in den Vordergrund. Inzwischen komme ich auch an mehreren Höfen vorbei, wo das Heu in gebündelten und mit Folie umzogenen Rollen gelagert wird. Auch Speichertürme werden offensichtlich für die Lagerung oder Verwertung des Heus genutzt.
Heutige Highlights waren natürlich, dass ich den Polarkreis und einige Kilometer weiter auch Lappland hinter mir gelassen habe. Am Polarkreis steht hier auch ein Nationalparkhaus. Hier genehmige ich mir eine Pause und trinke einen Kaffee. Die Betreuerin des Hauses, mit der ich ins Gespräch kam bzw. eher sie mit mir, weil nichts los war, fragte mich, wo ich herkomme und wie mir Lappland gefalle. Ich sagte, dass mir Lappland schon gefalle, mir aber nicht vorstellen könne, hier zu leben. Das konnte sie nun gar nicht verstehen. Auch sie kam nämlich aus Finnlands Westen und sei extra hier hochgezogen, weil sie die Landschaft so liebe. Ich fragte, ob das auch für den Winter gelte. Ja, natürlich meinte sie, so dunkel sei das gar nicht bei Schnee und Mondschein. Man sieht, Menschen ticken halt völlig unterschiedlich. Freundlicherweise machte sie dann noch einige Fotos von mir vor dem Hinweisschild auf den Polarkreis.
Nun wird es abends also tendenziell auch wieder dunkler. So geht die Sonne heute hier in Kuusamo um 0:38 Uhr unter und um 1:38 Uhr wieder auf. Ich hoffe nur, dass ich das heute verschlafe. Kuusamo liegt nun in der Landschaft Nordösterbotten und hat eine Bevölkerungsdichte von immerhin 3,1 Einwohnern pro Quadratkilometern. Die 19 Landschaften in Finnland sind übrigens nicht vergleichbar mit unseren Bundesländern, weil sie als Verwaltungseinheiten keine eigenständige Bedeutung haben und auch keine gewählten Repräsentanten.
Ansonsten gibt es von der heutigen Tour wenig zu berichten. Das Wetter ermöglichte einige schöne Fotos, denn bei Sonne ist auch der Norden wie so viele andere Landschaften auch einfach nur herrlich. Obwohl ich übrigens festen Willens war, die heutige Nacht wieder im Zelt zu verbringen, hat mich ein Angebot von 25 € für eine Hütte dann doch korrumpiert. So sitze ich nun etwas gemütlicher als in meinem Thron vor dem Zelt. Ich hätte auch heute nicht diesen Bericht schreiben können, weil es einen Aufenthaltsraum hier auf dem Campingplatz nahe Kuusamo nicht gibt.
Tagesdaten: 102,67 Km; 08:27:26 Std. Fz.; 12,14 Km/h; 625 Hm
Erstaunlich wo man am Rad so alles Gepäck befestigen kann. Vielleicht würde es wie mich auch andere interessieren, wieviel Kilo Gepäck bei Ihrer Tour so mit unterwegs sind.
Grüsse aus Leipzig,
S. Schröder
Es sind rund 30 Kilo.
Nach dem Polarkreis – muss als nächstes Ziel der Äquator ran 😉
Nee, das wäre mir zu heiß!