Heute entscheide ich mich spontan nach Zeitz zu radeln, auch eine Station auf der Straße der Romanik. Es liegt im äußersten Süden von Sachsen-Anhalt und damit etwas weit ab von den übrigen Stationen der Straße der Romanik. Es ist ein trüber Novembertag, dennoch habe ich Lust mal wieder eine etwas größere Tagestour zu unternehmen. Dazu habe ich mir die Rennradstrecke ausgesucht, die allerdings fast acht Kilometer ab Elstertrebnitz über die Bundesstraße 2 führt, die doch von Lkws recht befahren und nicht sehr breit ist. Zurück zu nehme ich dann doch die für Tourenräder vorgesehene Strecke, die weitgehend entlang der Weißen Elster führt.

Zeitz selbst wirkt nicht sehr einladend. Das Stadtbild ist von Abrissflächen und Ruinen geprägt. Zeitz hatte sich im 19 Jahrhundert zu einer Industriestadt entwickelt. Die Deindustrialisierung nach 1990 ließ davon wenig übrig und Zeitz verlor auch mehr als ein Drittel seiner Einwohner. Die erste Kreisreform von 1994 führte dann auch dazu, dass der Landkreis Zeitz Teil des neuen Burgenlandkreises wurde und gegenüber der Kreisstadt Naumburg endgültig ins Hintertreffen geriet. Natürlich ist Naumburg auch die attraktivere Stadt und man hat wohl alle verfügbaren Mittel dafür verwendet, Naumburg soweit herauszuputzen, dass es nun auch Teil des UNESCO Kulturerbes wird. Das ist sicher für den gesamten Burgenlandkreis wichtig, aber es ging eindeutig zu Lasten von Zeitz.

Zeitz hat tatsächlich nicht annähernd kulturell so viel zu bieten wie Naumburg. Auch mit der Romanik ist es nicht soweit her. Als Station gilt hier der Dom St. Peter und St. Paul. Wenn man vor ihm steht schaut man allerdings auf ein ziemlich deformiertes gotisches Gebäude. Die gotische Architektur ist das Ergebnis eines Umbaus einer romanischen Basilika aus dem 10. bzw. 11. Jahrhunderts im 14. und 15. Jahrhundert. Die Deformation geht auf die kurze Zeit des sogenannten Sekundogenitur-Herzogtums Sachsen-Zeitz (1656-1718) zurück. Der Herzog Moritz von Sachsen-Zeitz (1619-1681) hatte natürlich nichts Eiligeres zu tun als sich eine Fürstenresidenz errichten zu lassen, die barocke Moritzburg an der Elster. Da diese im Westen der gotischen Kirche stand und er die Kirche von seinem Schloss aus direkt betreten wollte, ließ er die gotischen Türme der Kirche entfernen und das Schloss direkt an die gotische Hallenkirche anbauen. So sieht der sogenannte gotische Dom heute von außen eher wie ein Wirtschaftsgebäude des Schlosses als ein Gotteshaus aus.

Als ich vor der Tür des Domes stehe, ist sie verschlossen, was mir das Gebäude noch unsympathischer macht. Im offiziellen Führer der Straße der Romanik steht nämlich, dass der Dom auch in der Winterzeit von 11 bis 15 Uhr geöffnet ist. Ich gehe um den Dom herum, finde aber auch keinen anderen Einlass. Da es inzwischen Mittagszeit ist, gehe ich erst einmal in das Schlossrestaurant, wo ich der einzige Gast bin. Die freundliche und sehr bemühte Bedienung weiß auch nicht, warum der Dom geschlossen ist und auch ihre Erkundigungen führen zu keinem klaren Ergebnis. Auch mein Anruf beim Pfarramt landet leider auch nur auf deren Anrufbeantworter. So lasse ich mir erst einmal meinen Glühwein und ein traditionelles ostdeutsches Würzfleisch schmecken und gehe ich davon aus, dass ich unverrichteter Dinge wieder die Heimfahrt antreten muss.

Inzwischen ist es 13.15 Uhr. Als ich zurück zu meinem Fahrrad will, sehe ich einen weißen Zettel an der Eingangstür zum Dom, den ich mir natürlich nun anschaue, weil er vorhin noch nicht da hing und der nun mitteilt , dass der Dom geöffnet sei. Also wage die Tür zu öffnen und werde von einer freundlichen Domwächterin begrüßt. Nachdem ich 2,50 € für eine Fotografiererlaubnis und 1 € für zwei Flyer bezahlt und etwa das Doppelte gespendet habe, öffnet sie mir dann auch gleich die Krypta, der einzig verbliebene Rest des romanischen Vorgängerbaus.Zwei der Säulenkapitelle weisen noch romanische Reliefs auf, ansonsten ist es ein eher karger Raum, in dem allerdings die Zinksärge von Moritz von Sachsen-Zeitz und von seiner ganzen Familie aufgestellt stehen. Zwei seiner Frauen und zahlreiche früh verstorbene Kinder ruhen hier noch.

Beim Blick in den Kirchenraum erschlägt einen dann der Barock und es dominiert die Fürstenloge. Ich finde das Moritz ein ziemlicher Kulturbanause gewesen sein muss, den sonderlich gelungen wirkt das Ensemble nun wirklich nicht. Nach einem kurzen Rundgang mache ich mich dann doch wieder auf den Heimweg. Obwohl es feucht und kühl ist, gefällt mir die Fahrt durch die Elstereauen sehr. Auch der November bringt in den Flussauen mit den nun kahlen Bäumen eine besondere landschaftliche Ästhetik hervor. Es wirkt recht verwunschen, still und teilweise gespenstisch. Vor Leipzig, es ist inzwischen dunkel geworden, geht es dann entlang der alten Tagebauen, die nun zum Zwenkauer und zum Cospudener See geworden sind zurück, nach Hause.

Tagesdaten: 96,77 Km; 07:08:32 Std. Fz; 13,54 Km/h; 232 Hm

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